Vorwort

Am 14.11.2023 habe ich noch mit Karin Burmeister telefoniert. Wir hatten sie zu dem dritten Geburtstag unserer Frauenstiftung ‚Frauen*leben in Köln‘ am 17.11.2023 eingeladen. Sie sagte mit bedeutungsvoller Stimme: „Ich bin krank“. Am 10. Dezember starb sie – für mich unerwartet. Denn für uns war sie immer im Hintergrund präsent mit ihrer Karin-Burmeister-Stiftung, die so viele Frauenprojekte großzügig und unbürokratisch gefördert hat, wenn es um Verbesserung der IT-Ausstattung und Präsentation ging.

Ausgerechnet über die Karin-Burmeister-Stiftung hat sie in ihrer selbst geschriebenen Vita kein Wort verloren. Deswegen trage ich hier zusammen, welche Bedeutung Karin Burmeister für uns Frauen und Frauenprojekte in Köln und Umland hatte.

Karin Burmeister
© Karin Burmeister

Ich danke Jasmin Netopil-Eickhoff, Lisa Schieffer und Pfarrerin Sabine Petzke für die Informationen und Fotos von Karin Burmeister, die sie mir zukommen ließen.  

Ihr Leben

Karin Burmeister wurde in einer Bombennacht am 4.8.1942 in Rostock geboren. Ihr Vater war Fabrikant und Tuchmacher aus Neumünster. Die Mutter kam aus Malchow, wo die Familie zusammen mit der Großmutter mütterlicherseits lebte. 1947 flüchtete der Vater in den Westen. Er gründete in Wardenburg bei Oldenburg die Firma ‚Wardenburger Weberei‘, zuerst mit Handwebstühlen, später mich mechanischen Webstühlen. 1949 kamen die Mutter, Großmutter sowie die siebenjährige Karin nach. Anscheinend lebte sie sich schnell ein, denn sie beschreibt ihre Zeit nach der Einschulung: „Wir waren eine kleine Gruppe von Kindern, die täglich diesen langen Weg (Anm. Verf. Zur Grundschule) zurücklegten. Das war eine glückliche unbeschwerte Zeit.“ Nach der mittleren Reife wechselte sie 1959 auf das Wirtschaftsgymnasium und macht dort 1962 das Abitur.  

Danach begann eine Zeit, die sie ihre ‚Lehr- und Wanderjahre‘ nannte. Es war vorgesehen, dass sie als einziges Kind den väterlichen Betrieb übernehmen würde. Zuerst absolvierte sie in Kiel ein halbes Jahr lang eine ‚Frauenfachschule‘. Dann machte sie ein Praktikum im Lehrbetrieb einer Webschule in Mönchengladbach mit Besuch des Webmeisterkurses und arbeitete ein ‚hartes halbes Jahr‘ bei der Firma Achter & Ebels an der Zwirnmaschine im Schichtbetrieb. Es folgte ein Praktikum zu Motion und Time Study.  

Vor Beginn ihres Studiums als Textilingenieurin besuchte sie ihren Halbbruder in Kalifornien. Aus geplanten sechs Wochen Ferien wurde ein Jahr Studium der Datenverarbeitung „inspiriert durch einige Chinesinnen, die mit riesigen Schalttafeln hantierten. Das hat mich beeindruckt.“

Karin Burmeister in ihrem Garten mit Kater Sammy
Karin Burmeister in ihrem Garten mit Kater Sammy, © Jasmin Eickhorst

Zurück in Deutschland bewarb sie sich bei IBM, bekam eine Stelle als Assistentin und eine IT-Ausbildung. Fast 30 Jahre lang arbeitete sie „als eine Frau der ersten Stunde“ bei dem Konzern.

Zwei Schicksalsschläge warfen sie aus der Bahn: ihre Krebserkrankung 1976 und die Trennung von ihrem Freund. Sie fand Rückhalt in ihrem Glauben und in der evangelischen Kirchengemeinde Pulheim. „Dadurch habe ich mein Leben neu sortiert.“ Sie setzte andere Prioritäten und engagierte sich ehrenamtlich, z.B. in der Friedensinitiative in Pulheim. 1983 wurde sie Mitglied bei den Grünen, 1984 zogen die Grünen in den Pulheimer Stadtrat ein. Sie wurde Fraktionssprecherin und blieb 25 Jahre lang in dieser Position. Auch im Pulheimer Rathaus war sie „eine Frau der ersten Stunde“, nämlich die erste Frau im Amt einer Fraktionssprecherin. Auf ihre Initiative hin wurden eine Gleichstellungsstelle und der Frauenbeirat eingerichtet, in dem sie bis kurz vor ihrem Tod aktiv war. Karin Burmeister kommentiert die Schritte in die Kommunalpolitik in ihrer Biografie: „Aus einer eher schüchternen jungen Frau wurde im Laufe der Jahre eine mutige Frau, die für die grünen Ziele eintrat.“

1985 gründete sie mit anderen Frauen in Pulheim den „Frauenstammtisch für politisch Interessierte“. Daraus entstand die Idee für das Café F (www.cafef.de ), welches seit 1992 durch den Trägerverein F.e.V. (Beratung, Bildung, Kultur und Treff für Frauen e.V.) an der Venloer Straße 135 im Stadtzentrum von Pulheim betrieben wird. Dort gibt es Frauenberatung, Kurse und Vorträge und Kunstausstellungen. Den Cafébetrieb mit Mittagstisch nutzen besonders gerne Rentner*innen. Karin Burmeister war 27 Jahre lang Vorsitzende und Sponsorin des Café F. Berühmt wurden die Computerkurse im Café F, in denen sie Frauen für die Digitalisierung fit machte.

Karin Burmeister
© Karin Burmeister

Nach dem Tod ihres Vaters 1998 gründete sie die Karin-Burmeister-Stiftung mit dem Anliegen, dass Frauen und Mädchen lernen, souverän und kompetent mit dem Computer umzugehen. „Gleichberechtigung ist unser Ziel – dafür stärken wir Frauen den Rücken“ lautet die Stiftungsidee. Zahlreichen Frauenprojekten in Köln und Umland finanzierte die Stiftung den Kauf zeitgemäßer Hard- und Software sowie den Aufbau einer ansprechenden Homepage. Auch die Frauenberatungsstelle FrauenLeben e.V. und die Stiftung Frauen*leben in Köln durften von ihrer Stiftung profitieren.

Eine zweite schwere Erkrankung überwand sie zunächst durch eine Stammzelltransplantation „Geschenkte 12 Jahre, über die ich sehr glücklich bin“, schreibt Karin Burmeister. Mit Betreuung Ihrer engen Freundinnen und Unterstützung der ambulanten Sterbebegleitung von Hospiz Pulheim e. V. konnte Karin Burmeister ihre Wünsche erfüllen und die meiste Zeit ihrer Krankheit in ihrem Haus verbringen und auch noch einige Reisen unternehmen. Am 10. Dezember 2023 starb sie, liebevoll betreut im Beisein Ihrer Sterbebegleiterin bei einem kurzem Aufenthalt im Krankenhaus Frechen. Die Urne wurde im Friedwald Dormagen beigesetzt.

Öffentliche Würdigungen

Sie hat auf ihre Initiativen viel positive Resonanz bekommen, und ihr Engagement wurde auch öffentlich gewürdigt:

  • 2007 durfte sie sich nach 20 Jahren Ratsarbeit in das Goldene Buch der Stadt Pulheim eintragen.
  • Am 8.3.2016 empfing der damalige Bundespräsident Joachim Gauck 23 Frauen aus 16 Bundesländern, um ihnen das Bundesverdienstkreuz am Bande für langjähriges ehrenamtliches Engagement im politischen, sozialen und kulturellen Bereich zu danken. Karin Burmeister was eine von ihnen.
  • 2022 wurde Karin Burmeister zur Ehrenvorsitzenden der Grünen in Pulheim ernannt.

Autorin: Maria Beckermann

Quellen