Kunst darf, soll, muss provozieren, irritieren, realisieren, abstrahieren – nur eines darf Kunst nie: LANGWEILEN!

Gerda Laufenberg

Mitten im Krieg traf ich in einer ausgebombten Kleinfamilie ein, Vater Buchhalter, Mutter Sekretärin. Den beiden ging jeglicher Hang zur Kunst ab. Ich wuchs als Einzelkind in den Straßen von Köln-Nippes auf, ergatterte Kreide in der Schule und bemalte damit Hauswände, wovon es keine Bilddokumente gibt, weil der Regen alles abwusch. Ich durfte die Realschule besuchen, bei uns die höchstvorstellbare Schulform.

Ich machte dann eine Versicherungslehre, die ich überwiegend zeichnerisch verbrachte, weil das Büroleben reich war an Themen. Ich litt und lernte und bestand die Prüfung zur Versicherungskauffrau mit Bravour. Meine Zeichnungen erscheinen in der Hauszeitschrift, ich wurde befördert – und wollte zur Kunst.

Um an der Kölner Werkschule studieren zu können, legte ich eine „außerordentliche-Begabten-Prüfung“ ab. Zunächst wollte ich „Figuren vom überflüssigen Stein befreien“, wie mein großes Vorbild Michelangelo es beschrieb, stieg dann aber um auf freie Malerei (Professor Werner Schriefers).

Portrait Gerda Laufenberg
© Gerda Laufenberg

1968 verließ ich die Werkschule ohne Abschluss, einerseits weil sich mein Brotberuf (mittlerweile Redakteurin bei einer Versicherungszeitung) nicht länger mit dem Studium vereinbaren ließ, andererseits weil ich in jugendlicher Anmaßung sicher war, ohne professorale Anleitung besser voranzukommen. Dann Jahre, in denen ich mich in Maler*innengruppen aufhielt, wir arbeiteten zusammen, stellten zusammen aus und suchten nach neuen Bildwelten.

1974 erste Einzelausstellung in der Galerie K am Rudolfplatz. 1978 erstes eigenes Atelier in Köln-Rodenkirchen. Seither zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Französische Galerien in Dijon und Angers liebten meine mélancolie allemande.

In Köln wurde ich vor allem durch die Illustrationen zu den „Sagen und Legenden von Köln“ und zum historischen Roman „Der Fetzer“ (Autor Tilmann Röhrig, Wienand-Verlag1987/1991) bekannt. Das war der Startschuss zu zahlreichen weiteren Buchillustrationen – und gleichzeitig der Beginn meiner „Köln-Blätter“. 1984 wurden die ersten beiden in der Kunst-Triennale der Kreissparkasse Köln ausgezeichnet und angekauft. Danach erschienen immer weitere Köln-Bilder, die in immer größer werdenden Auflagen gedruckt wurden. Alle Blätter wurden ein Riesenerfolg – bis auf die Grafik Agrippina, „warum hast Du kein Denkmal ..?“. Sie erklärt, warum die braven Kölner*innen allen möglichen mehr oder weniger dubiosen Mannsbildern ein Denkmal errichteten – aber nicht unserer Stadtgründerin. (Die kleine Statue am Rathaus zählt nicht).

Das Römisch-Germanische Museum lehnte das Blatt ab, zu bissig, feministisch… In allen Köln-Bildern zeige ich die Stadt mit ironischer Distanz, ich kenne mich aus und erlaube mir, die Kölner Lebensart aufs Korn zu nehmen. Mein Dom steht grundsätzlich etwas schief inmitten von Klüngel, Klaaf und Karneval. Bemerkenswert: die Karnevalsvereine ließen sich nicht abschrecken, bei mir Plakate, Präsidenten-Porträts, Jubiläumsblätter oder Illustrationen zu bestellen. So auch das Divertissementchen, das Hänneschen-Theater, Kölsche Brauereien oder die Rheinische Musikschule. Sämtliche bis dahin erschienenen „Kölner Blätter“ wurden 2007 vom Bachem-Verlag/Köln in einem Bildband veröffentlicht, mit einem Vorwort des damaligen Chefs des Kölner Stadtmuseums, Dr. Werner Schäfke. 

Habe ich schon erwähnt, dass ich auch gerne schreibe? Im Bachem-Verlag erschien 2005 das Buch „Fräulein Seidenstückers geheime Garde“, eine illustrierte, kuriose Geschichtensammlung. 2013 veröffentlichte ich ein Büchlein mit absurden Atelier-Geschichten: „Gibt’s das auch in größer..?“. Im selben Jahr heiratete ich die Betriebswirtin und Autorin Anni Hausladen, deren Bestseller „Die Kunst des Klüngelns, Erfolgsstrategien für Frauen“ ich illustrierte. Derzeit schreibe ich an Erinnerungen aus meiner Nachkriegskindheit, fröhliche, böse, derbe, nachdenkliche Geschichten, die die Nachkriegswelt aus der Sicht eines Kindes zeigen.

Seit 1997 zeichne ich regelmäßig einen „Köln-Kalender“. Anfänglich nur als einmalige Aktion gedacht, wurde der Kalender zur fortwährenden Herausforderung. Ein bei Frauen besonders beliebter Kalender trug den Titel „Verhextes Kölle“; auf sämtlichen 12 Blättern durften rotweiße Köln-Hexen sich fröhlich austoben und auf dem Dom Wäsche aufhängen – als kleine Revanche für das Unrecht, das Ihnen in früheren Zeiten widerfuhr.

Seit 2016 arbeite ich an einem Werk, das mich auch weiterhin beschäftigen wird: Nachdem ich Gerhards Richter Werk „48 Portraits“ gesehen hatte (ausschließlich männliche, weiße Mitteleuropäer und Amerikaner), setzte ich dieser maskulinen Einseitigkeit mein Bild „48 Kölner Köpfe“ entgegen – mit ausschließlich weiblichen Persönlichkeiten aus Köln und dem Umland. „48 Kölner Köpfe“ wurde von der Stadt Köln zur Bewerbung des ersten Kölner Frauenpreises (Else-Falk-Preis) benutzt. Es hängt seit 2020 in einem Format von 6 x 8 Meter im Kölner Stadthaus in Deutz. Seit 2021 werden neue Frauen hinzugefügt, ohne dass andere verschwinden müssen. Die Portraits der Kunsthistorikerin und Sammlerin Irene Ludwig und der Liedermacherin Monika Kampmann haben die Zahl der Frauen auf 50 erhöht. Ich plane ein Gesamtportrait von 100 Kölner Frauen, das irgendwann im Kölner Rathaus hängen soll.

Mein Atelier am Mühlenweg 3 in Rodenkirchen ist Anlaufpunkt für Kunstinteressierte, es finden dort auch Konzerte und Lesungen statt. Das alles wird begleitet von meiner Frau Anni Hausladen, Betriebswirtin und Klüngelexpertin. Wir sind seit 2005 verheiratet.

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