„Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“, lautete die Maxime der engagierten Kommunistin Martha Mense. Geprägt wurde sie durch eigene erschütternde Erfahrungen unter den Nationalsozialist:innen, gegen die sie mutig Widerstand leistete. In einem Interview erklärte sie 1978/79: „Ich habe den Faschismus von A-Z durchlebt und – was man nicht vergessen darf -, den Krieg. Ich habe mir damals schon geschworen, wenn alles vorbei ist, dann setze ich mich dafür ein, den Frieden zu erhalten, dann kämpfe ich vor allem gegen ein Wiedererstehen des Faschismus…Das sich das nicht wiederholt, dafür muss man sich heute einsetzen.“

Martha Mense, 1940 (Fotograf: unbekannt), Foto: Arbeiterfotografie Köln, © NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (Bp 1753)

Schon der Start ins Leben war nicht einfach. Nur zwei Jahre nach ihrer Geburt als Martha Zündorf am 11. Dezember 1911 in der Großen Telegraphenstraße verstarb ihre Mutter und Martha wurde der Obhut der Großmutter übergeben. Erst nachdem der Vater ein zweites Mal geheiratet hatte, holte er die Tochter zurück nach Köln. Martha bekam zwei Halbschwestern.

Inzwischen war die Familie Zündorf ins rechtsrheinische Köln-Mülheim umgezogen, wo Martha eingeschult wurde. Sie besuchte die erste freie, nicht konfessionelle Schule in Köln. Nachdem sie die Volks- und Haushaltsschule beendet hatte, begann sie 1928/29 die Ausbildung in einer Bäckerei in der Keupstraße und arbeitete schließlich eine Zeitlang in einem Lebensmittelgeschäft.

Das mag sich eher kleinbürgerlich anhören, doch politisch geprägt wurde Martha durch ihren Vater, der mit den Kommunisten sympathisierte und Freidenker war. 1931 trat sie in den Kommunistischen Jugendverband Höhenberg ein und wurde im Jahr darauf Mitglied der KPD. Die jungen Leute führten Aktionen durch, verteilten Flugblätter und Broschüren und warnten vor dem aufkommenden Nationalsozialismus. Sie wurde Kassiererin und ‚Polleiter‘, eine Art 1. Vorsitzende.

Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum neuen Reichskanzler gewählt worden war, trafen sich die Kreisleiter:innen der Jugend unverzüglich zu einer Krisensitzung. Ihnen wurde die Gefährlichkeit der Nazis vermittelt: „Wir wissen ja, was jetzt für eine Entwicklung kommt. Wenn ihr verhaftet werdet, ihr wisst nie etwas, nie Namen nennen“, lautete die eindrückliche Instruktion.

© Arbeiterfotografie Köln

Trotzdem beschlossen Martha Zündorf und ihre Höhenberger Genossinnen und Genossen, Widerstand gegen Hitler zu leisten. Sie verfassten ein Flugblatt mit der Schlagzeile „Hitler der Faschist ist durchgekommen“ und klebten im Schutz der Dunkelheit Plakate, auf denen sie vor dem NS-Regime warnten.

Anfangs ging alles gut, und sie blieben unbehelligt. Das änderte sich nach den Reichstagswahlen am 5. März 1933, denn jetzt begann die Polizei mit Hausdurchsuchungen. Mehrmals wurde Familie Zündorf aus dem Bett geklingelt, um Marthas Habseligkeiten zu durchsuchen. Gefunden hat man nichts. Für die Eltern war der Psychoterror unerträglich. Sie verließen Köln und zogen nach Waldbröl, während sich Martha in Höhenberg ein möbliertes Zimmer mietete.

Obwohl man ihr nichts nachweisen konnte, wurde Martha im April 1933 früh am Morgen von drei Kriminalbeamten verhaftet und in die Krebsgasse gebracht, wo sich damals das Polizeipräsidium befand. (Das berüchtigte EL-DE-Haus wurde erst 1935 Sitz der Gestapo.) Nach kurzer Haft im „Klingelpütz“ brachte man sie in die Abtei Brauweiler, die inzwischen als Konzentrationslager und Gestapo-Gefängnis diente. Während der nun folgenden Verhöre gab sich Martha ahnungslos und nannte keine Namen. Nach sieben Monaten kam sie wieder frei.

Inzwischen war ihre Höhenberger Gruppe geschrumpft, setzte den Widerstand jedoch fort. Und so wurde Martha zehn Monate später erneut verhaftet: „Morgens früh wurde bei mir geklopft, ich wohnte auf der zweiten Etage, und da riefen sie: Machen Sie sofort auf, es brennt. Sofort anziehen und mitkommen hieß es.“ Geistesgegenwärtig bat Martha, noch einmal die Toilette aufsuchen zu dürfen. Das war ihre letzte Gelegenheit, belastendes Material zu zerreißen und hinunterzuspülen.

© Geschichtswerkstatt Köln-Mülheim

Obwohl man erneut nichts bei ihr fand, blieb sie neun Monate in U-Haft. Dann wurde ihr der Prozess gemacht. Die Anklage lautete „Vorbereitung zum Hochverrat“. Martha Zündorf wurde zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, die sie in verschiedenen Anstalten in Süddeutschland absitzen musste. Im Juni 1936 brachte man sie noch einmal zur Vernehmung nach Köln und sperrte sie in eine Zelle im EL-DE-Haus ein. Es folgten ständige Verhöre und grobe Misshandlungen, weil sie sich erneut weigerte, Namen von anderen Menschen aus dem Widerstand zu nennen. Im Dezember des Jahres wurde sie aus der Haft in eine ungewisse Zukunft entlassen: „Als ich herauskam, musste ich in die SA-Küche in der Adamstraße in Mülheim und dort Kartoffeln schälen. Dafür bekam ich Essen und Wohlfahrtsunterstützung. Ich musste mich ständig bei der Gestapo im EL-DE-Haus melden, in der Woche wenigstens dreimal.“

Der Makel des Zuchthausaufenthalts machte es ihr unmöglich, eine Erwerbstätigkeit zu finden, bis das Arbeitsamt Martha als Haushaltshilfe zu einer Familie im Bergischen Land vermitteln konnte. Als ihr Zuchthausaufenthalt herauskam wurde sie sofort entlassen. Ausgerechnet über die Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) erhielt sie neue Stellen bei Kranken oder Familien.

Nach einer Zeit ohne Kontakte zu früheren Kampfgefährt:innen traf sie eine Widerstandskämpferin, die ihr wieder Material zum Verteilen zukommen ließ, was sie bis 1942 praktizierte.

Als die Front immer näher rückte, gelang ihr 1944 die Flucht nach Thüringen, wo sie das Kriegsende erlebte und bis Juni 1945 blieb. Dann machte sie sich auf einen zehntägigen Fußmarsch zurück nach Köln…

Nach 1945 war sie bald wieder in der KPD aktiv und arbeitete in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) mit.

1951heiratete sie das Parteimitglied Bernhard Mense, der 1919 die Kölner KPD mitgegründet hatte. Zusammen mit ihm zog sie nach Dünnwald.

© Geschichtswerkstatt Köln-Mülheim

Das Motto: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ wurde ihre Motivation zum Einmischen auch in der Bundesrepublik. Anfang der 1950 Jahre protestierte Martha Mense gegen die Wiederaufrüstung, die Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden und vieles mehr. Nach dem Verbot der KPD gründete sie 1968 die DKP mit und übernahm Parteifunktionen in der Kölner Kreisorganisation sowie in ihrem Stadtteil Dünnwald.  In den 1980er Jahren war sie engagiertes Mitglied der Friedensbewegung und kämpfte gegen die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen. Sehr stark lag der kinderlosen Funktionärin die Jugend am Herzen. So zog Martha Mense im fortgeschrittenen Alter durch die Kölner Schulen, um über die Zeit des Nationalsozialismus sowie über den Widerstand zu berichten. Sie machte Führungen durch die neu eröffnete Gedenkstätte EL-DE-Haus, dem Schauplatz eigener leidvoller Erfahrungen.

Martha Mense starb am 18. September 1998 in Köln. Seit 2001 erinnert die Martha-Mense-Straße in Kalk an die aktive Antifaschistin. Damit wurde in Köln erstmals eine Straße nach einer Kommunistin benannt.

Autorin: Karin Feuerstein-Prasser

Quellen

  • Gegen den braunen Strom – Kölner Widerstandskämpferinnen heute in Porträts, NS-Dokumentationszentrum 1991, darin zwei Interviews mit Martha Mense 1978 und 1979, S. 120-129