Marlis Bredehorst studierte in ihrer Heimatstadt Hamburg Rechtswissenschaft, zusätzlich auch noch Sozialpädagogik und Soziologie, und trat nach ihrem Referendariat 1988 in den Staatsdienst ein. Sie arbeitete im Amt für Arbeitsschutz und später in der Rechtsabteilung der Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales und gab Lehrveranstaltungen an der Universität Hamburg und anderen Hochschulen. Neben ihrem politischen Engagement als Personalrätin gehörte ihre Leidenschaft der autonomen Frauenbewegung und der Musik von und mit Frauen. Sie spielte selbst Flöte und Trompete in verschiedenen Bands und gründete in den 80er Jahren mit anderen Frauen das Frauenmusikzentrum in Hamburg, das bis heute existiert. 1984 organisierte sie die 1. Norddeutsche Frauenmusikwoche in Lüneburg, die danach in mehreren Städten weitergeführt wurde. Sie liebte das Skifahren in den Alpen und begeisterte auch andere Frauen als Skilehrerin für diesen Sport. Beruflich wechselte sie 1998 als Direktorin und Geschäftsführerin des Rheinischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes nach Düsseldorf, wählte aber Köln als ihren Lebensmittelpunkt.

Marlis Bredehorst, © Eli Wolf

Hier fand sie bald Anschluss an die Frauen- und Lesbenszene und begeisterte sich für den alternativen Karneval. Um politisch etwas zu bewegen, trat sie in die Partei von Bündnis 90/ Die Grünen ein und wurde 2003 zur ersten grünen Beigeordneten und Dezernatsleiterin für Soziales, Integration, Umwelt, Inklusion und Gesundheit gewählt. In dieser Position konnte sie sich aktiv für die Rechte von Frauen, und allgemein für die Schwächeren in der Gesellschaft einsetzen. Sie machte sich zuständig für Lesben, Schwule und Transgender und für die LGTBIT*-Bewegung.

Es ging ihr darum, feministische Analysen und Utopien im Blick zu haben und im alltäglichen Verwaltungshandeln und politischen Entscheidungen den großen Tanker einer Stadtverwaltung mittels kleiner Schritte in eine andere Richtung umzusteuern, wie sie es ausdrückte. Beispielsweise initiierte sie die Stadt-Arbeitsgemeinschaft Lesben, Schwule und Transgender, schuf die Stelle einer Behindertenbeauftragten, organisierte den Runden Tisch für Flüchtlingsfragen und erarbeitete zusammen mit Fachpolitiker:innen, Vertreter:innen der Freien Wohlfahrtspflege und der Religionsgemeinschaften ein Konzept zur Stärkung einer integrativen Stadtgesellschaft. Sie besuchte viele Projekte persönlich, hörte den Menschen zu und brachte ihre Anliegen mit den zuständigen Stellen der Verwaltung zusammen. Das bundesweit erste queere Wohnprojekt „Villa Anders“ wäre ohne ihren Einsatz schwer zu realisieren gewesen. Marlis Bredehorst habe viele Fenster aufgestoßen, die sich nicht mehr schließen lassen, betonte Oberbürgermeisterin Henriette Reker in ihrer Abschiedsrede. Sie habe Marlis als starke, kampfeslustige und umtriebige Frau erlebt, die aber immer versöhnlich geblieben sei.

2010 wurde sie von der rot-grünen Landesregierung NRW zur Staatssekretärin im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter ernannt. Hier förderte sie den Plan zum Abbau von Homophobie, unterstützte SCHLau (Initiative zum Abbau von Vorurteilen gegenüber LGTBIT* in Schulen) vergab einen Künstlerinnenpreis für Architektinnen, kümmerte sich um die medizinische Versorgung von Wohnungslosen und die gesellschaftliche Teilhabe Älterer mit Migrationshintergrund. Sie sorgte für die grenzüberschreitende Vernetzung von deutschen und niederländischen Krankenhäusern (wichtig bei Corona!) und die Geschlechterdifferenzierung in der Medizin. 2013 wurde sie aufgrund eines „gestörten Vertrauensverhältnisses“ in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Als Kreisvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen in Köln von 2014-16 konnte sie jedoch ihre vielfältige politische Erfahrung weiterhin einbringen und war maßgeblich an dem schwarz-grünen Kooperationsbündnis in Köln beteiligt. Daneben lehrte sie an Fachhochschulen und engagierte sich in ihrer Kirchgemeinde und in der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland. Auch hier trat sie für die Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes in die tägliche Praxis ein.

Eine „Hoffnungskünstlerin“ nannte sie ihre Ehefrau, die evangelische Pfarrerin Eli Wolf, mit der sie einen Jungen und ein Mädchen zumindest in ihren frühen Lebensjahren großziehen konnte. 2006 hatten sie sich in der Frankfurter Paulskirche in einer bewegenden Zeremonie als Paar segnen lassen, 2017 konnten sie endlich auch standesamtlich heiraten. Marlis Bredehorst war stolz auf ihre Regenbogenfamilie und hat damit auch privat ein überfälliges Tabu gebrochen. Im Alter von 64 Jahren erlag sie schließlich ihrem Krebsleiden und wurde auf dem Kölner Südfriedhof von einer großen Trauergemeinde auf ihrem letzten Gang begleitet.

Autorin: Barbara Böttger, autorisiert von Eli Wolf, der Ehefrau von Marlis Bredehorst

Marlis Bredehorst – YouTube

„Ich wollte ja was bewegen, mitgestalten.“ Marlis Bredehorst – Kölner Frauengeschichtsverein e.V.