Sie gehört zu den Pionierinnen des deutschen Rundfunks. In den 1920er Jahren begründete die gelernte Schauspielerin den Kinderfunk des Kölner Senders WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG) und gestaltete ein vielfältiges und unterhaltsames Programm für den Nachwuchs. 1933 wurde sie jedoch wegen ihrer jüdischen Wurzeln entlassen. Daher wollte sie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eigentlich nie wieder für den Rundfunk arbeiten. Doch dann konnte ein Kollege sie davon überzeugen, das Kinderprogramm bei neu gegründeten NWDR (ab 1956 WDR) zu übernehmen.

Am 5. Juli 1902 wurde Else Tintner in Wien geboren und verbrachte hier ihre ersten Lebensjahre. 1911 zog die Familie nach Düsseldorf, wo die junge Frau nach der Schule eine Ausbildung am Schauspielhaus absolvierte. Erste Engagements erhielt sie in Bremen, Osnabrück und Düren. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann kennen, den aus Osnabrück stammenden Maler Friedrich Vordemberge (1897-1981), der in Düren als stellvertretender Direktor auch für die Gestaltung der Bühnenbilder verantwortlich war. Gemeinsam zogen die beiden 1924 nach Köln und heirateten zwei Jahre später. Die Ehe blieb kinderlos.

Els Vordemberge
© WDR

1927 erhielt Els Vordemberge durch Vermittlung ihres Schauspielerkollegen Alexander Maas (1902-1971) die Möglichkeit, als freie Mitarbeiterin bei der WERAG mitzuarbeiten und Rollen in Hörspielen zu übernehmen. Nachdem sie ihren ersten Einsatz in „Hanneles Himmelfahrt“ von Gerhart Hauptmann mit Bravour absolviert hatte, wurde sie schon bald zur gefragten Sprecherin. Noch im gleichen Jahr bot man ihr die Leitung des Kinderfunks an. Künftig gestaltete sie die Kinderstunde des Senders, die täglich außer sonntags nach dem Mittagskonzert übertragen wurde.

Sie stellte ein großartiges Programm auf die Beine, das die kleinen Hörerinnen und Hörer vollends begeisterte. Nachdem Els Vordemberge zunächst Märchen vorgelesen hatte, lud sie schon bald Kinder in ihre Sendung ein und ermutigte sie, selbst die verschiedenen Märchenrollen zu sprechen. Tatsächlich schaffte sie es durch ihre einfühlsame Art, dass die Kleinen ganz unbefangen vors Mikrofon traten. Desweiteren brachte sie Bastel-, Mal- und Turnstunden ins Programm und organisierte Ausflüge in den Kölner Zoo oder auf Bauernhöfe.

Den inzwischen vermehrt auftretenden Nationalsozialisten war Els Vordemberge aufgrund ihrer jüdischen Herkunft jedoch ein Dorn im Auge. Schon im August 1932 lästerte das NS-Blatt „Westdeutscher Beobachter“ über die beliebte Kinderfunkleiterin: „Ausgerechnet eine Jüdin soll deutschen Kindern eine deutsche Kinderstunde im Rundfunk bereiten! Darum muss es heißen: Hinweg mit den Fremdblütigen! Hunderte deutsche Frauen sind da, die, anders als Els Vordemberge, unseren Kindern eine echte und wirklich deutsche Kinderstunde halten könnten.“

Schon kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Els Vondemberge im April 1933 entlassen und durfte das Funkhaus in der Dagobertstraße nicht mehr betreten.

Nun war sie arbeitslos und auf das Einkommen ihres Ehemanns angewiesen, der damals als Kunsterzieher in Köln arbeitete. Durch diese „privilegierte Mischehe“ war Els Vonderberge als Jüdin zunächst halbwegs geschützt, doch ihr Schicksal hing an einem seidenen Faden. 1937 forderten die Machthaber Friedrich Vordemberge zur Scheidung auf, denn nur so könne er seine Arbeit behalten. Als er das strikt ablehnte, wurde auch er noch im gleichen Jahr entlassen. Dankbar erinnerte sich Els Vordemberge später: „Geschützt vor dem Schlimmsten wurde ich durch meinen Mann, der sich nicht von mir scheiden lassen wollte, obwohl es ihm immer wieder angetragen wurde.“

Das Ehepaar blieb in Köln, bis ihre Wohnung im Zweiten Weltkrieg 1942 durch einen Bombenangriff zerstört wurde. Unterkunft fanden sie zunächst bei Freunden in Bad Honnef. Doch die Gefahr war längst nicht ausgestanden. Im Oktober 1944 begannen die Nationalsozialisten nämlich mit der Deportation jüdischer Partner aus sogenannten „Mischehen“. Zum Glück konnte Els Vordemberge rechtzeitig gewarnt werden, sodass sie untertauchen und dank befreundeter Familien immer wieder ein sicheres Versteck finden konnte. Aufatmen konnte sie jedoch erst, als am 7. April 1945 die Soldaten der US-Armee eintrafen.

Wie sollte es nun weitergehen? Als der unter britischer Kontrolle stehende NWDR nach Kriegsende sein Programm wieder aufnahm, weigerte sich Els Vordemberge strikt, noch einmal für den Rundfunk zu arbeiten. Der Schmerz saß zu tief.

Ihr Schauspielkollege Alexander Maas konnte die 44-Jährige umstimmen. Schon im Frühjahr 1946 nahm sie ihre Arbeit als Kinderfunkredakteurin wieder auf und wurde noch im gleichen Jahr zur Leiterin des Kinderfunks befördert. Max Burghardt, der erste Nachkriegsintendant des Kölner Funkhauses, würdigte sie in seinen Memoiren als „starke Stütze“ bei der demokratischen Reorganisation des Senders.

Kinderkarneval im Großen Sendesaal im Funkhaus Dagobertstraße, 1929. 1.v.l., oberste Reihe: Rektor Toni Hüsch links von der Mitte im gestreiften Kleid: Els Vordemberge rechts von der Mitte, hintere Reihe mit Brille: Carl Heil
Kinderkarneval im Großen Sendesaal im Funkhaus Dagobertstraße, 1929. 1.v.l., oberste Reihe: Rektor Toni Hüsch links von der Mitte im gestreiften Kleid: Els Vordemberge rechts von der Mitte, ©WDR

Els Vordemberge schaffte es schon bald, an ihre frühere Arbeit erfolgreich anzuknüpfen. Weiterhin standen Märchen, Rätsel und Kasperletheater auf dem Programm. Doch daneben kreierte sie die Sendung „Kinderkongress“, die an jedem ersten Freitag im Monat ausgestrahlt und ausschließlich von Kindern gestaltet wurde. Gefragt nach ihrem Erfolgsgeheimnis meinte Els Vordemberge, das käme von selbst, weil sie die Kinder mochte und ernst nahm. Ihr bekanntester Schützling war übrigens die später bekannte Schauspielerin Lotti Krekel.

Anfang der 1960-er Jahre war Els Vordemberge auch für den Aufbau des Kinderfernsehens verantwortlich, doch ihre eigentliche Liebe galt nach wie vor dem Hörfunk, bis sie 1964 in den Ruhestand trat.

Seither genoss sie mit ihrem Mann, der zwischen1959 und 1965 die Kölner Werkschulen geleitet hatte, ein abwechslungsreiches Privatleben. Das Paar, das am Hansaring 17 (später Nr. 18) lebte, ging weiterhin seinen vielfältigen kulturellen Interessen nach. Nachdem Friedrich Vordemberge 1981 an den Folgen eines Krebsleidens verstorben war, blieben Els noch achtzehn weitere Lebensjahre. Der Tod ereilte sie am 25. Februar 1999. Neben ihrem Mann fand sie auf dem Kölner Melatenfriedhof ihre letzte Ruhestätte. Das Engelmotiv auf dem Grabstein wurde nach der Vorlage eines Holzschnitts von Friedrich Vordemberge gestaltet.

Autorin: Karin Feuerstein-Prasser

Quellen