Wenn heute die Kölner Oberbürgermeisterin bei hohen offiziellen Anlässen ihre Amtskette anlegt, trägt sie das wohl außergewöhnlichste und gleichzeitig lehrreichste Schmuckstück, mit dem sich die Stadt Köln zieren kann. Gefertigt hat es die Goldschmiedin Elisabeth Treskow, damals Leiterin der Gold- und Silberschmiedeklasse der Kölner Werkschulen; sie hat darin zusammen mit ihren Schülern all ihre künstlerischen Fähigkeiten und ihr Wissen um uralte und neue Goldschmiedetechniken hineingelegt, hat antike Münzen verwendet und ihr spezielles Wissen um die Granulation von Gold eingebracht. So entstand eine Amtskette, in der ebenso kunstvoll wie kenntnisreich die Geschichte Kölns dargestellt wird, die bei den Römern beginnt und übers Mittelalter hinweg zu einem dramatischen – kleinstformatigen (!) – Bild hinführt, in dem Köln im Flammenmeer des Kriegs zerstört wird. Stadtgründerin Agrippina findet man in der Kette auf einer Goldmünze, das Silberplättchen daneben trägt die Inschrift: AGRIPPINA ERHEBT KÖLN ZUR RÖMISCHEN COLONIE. Die Plakette bildet die Verbindung zur Münze des Kaisergatten Claudius; ihm widmete Treskow die Inschrift: KAISER CLAUDIUS GEMAHL DER STADTGRÜNDERIN.

Aufgenommen 1924/25 in Essen, © Gertrud Hesse

Das Auffälligste an der Kette ist aber die plastische Krippendarstellung mit den Heilgen drei Königen und dem Stadtwappen. Papst Benedikt, der 2005 Köln besuchte und vom Oberbürgermeister mit Amtskette empfangen wurde, zeigte sichtbar seine Freude an der Darstellung.

Der Wunsch, Goldschmiedin zu werden, erwachte in Elisabeth Treskow schon früh. Geboren am 20. August 1898 in Bochum, besuchte sie zunächst die Kunstgewerbeschule in Essen und absolvierte anschließend eine Gold- und Silberschmiedelehre in Schwäbisch-Gmünd und München. Hier legte sie 1918 die Gesellenprüfung ab. Nur ein Jahr später gründete Elisabeth Treskow in Bochum ihre eigene Werkstatt, mit der sie 1923 nach Essen-Margarethenhöhe umzog. 1927 bestand sie die Meisterprüfung vor der Handwerkskammer Düsseldorf.

Als die Weltwirtschaftskrise 1929/30 die Auftragslage spürbar verschärfte, nutzte Elisabeth Treskow die Zeit, sich mit neuen Arbeitsweisen vertraut zu machen. Fasziniert entdeckte sie für sich die von den Etruskern entwickelte Granulationstechnik, mit der winzige Goldkügelchen auf Metall aufgetragen werden, ohne dass diese im Feuer schmelzen. Auf diese Weise entstanden in den 1930er Jahren nicht nur zahlreiche ihrer Schmuckstücke, die Goldschmiedin erwarb sich auch durch Veröffentlichungen und Vorträge den Ruf, die Wiederentdeckerin der  weitgehend vergessenen Granulationstechnik zu sein. Das regte Elisabeth Treskow dazu an, sich ein profundes Wissen über die Antike im Allgemeinen anzueignen, die sie in verschiedenen Motiven wie zum Beispiel mythologischen Figuren verarbeitete.

Inzwischen hatten sich ihre einzigartigen Fähigkeiten herumgesprochen. Zu ihren Auftraggebern zählten u.a. die Vorstände der Kruppwerke, der Essener Oberbürgermeister oder der Leiter des Folkwang-Museums. Im höheren Alter meinte Elisabeth Treskow, sie habe großes Glück gehabt, damals keine Aufträge von den Nationalsozialisten erhalten zu haben. Für ihre herausragenden Arbeiten wurde Elisabeth Treskow vielfach ausgezeichnet, später auch mit dem Bundesverdienstkreuz.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kam sie nach Köln, nachdem sie vom neuen Direktor der Kölner Werkschulen 1948 zur Leiterin der Klasse für Goldschmiedekunst ernannt worden war. Bis zu ihrer Pensionierung 1964 leistete sie hier sowohl künstlerisch als auch pädagogisch hervorragende Arbeit. 1956 wurde sie zur Professorin ernannt.

DFB Meisterschale, © Alexander Hassenstein/Bongarts

1949 entwarf Elisabeth Treskow die Meisterschale des Deutschen Fußballverbands (DFB), die noch heute am Saisonende der Bundesliga an den deutschen Meister vergeben wird. Aufträge kamen auch von der katholischen Kirche. Nachdem sie schon 1948 an der provisorischen Restaurierung des Dreikönigsschreins beteiligt gewesen war, kreierte sie nun Tabernakel, Reliquiare, Kelche und Bischofsstäbe. Durch ihre Arbeit am Dreikönigsschrein wurde Elisabeth Treskow auf antike geschnittene Steine – Gemmen – aufmerksam, die sie fortan in ihre Schmuckarbeiten integrierte. Ihre schließlich beachtliche Gemmensammlung übergab sie später dem Kölner Museum für Angewandte Kunst (MAKK), in dem sie heute auch mit eigenen Arbeiten vertreten ist. Das Glanzstück der Goldschmiedin aber war die Amtskette des Oberbürgermeisters der Stadt Köln 1955.

Daneben gab es im Rheinland zahlreiche wohlhabende Familien, die bei Elisabeth Treskow Schmuckstücke anfertigen ließen. Dabei war es der Künstlerin stets wichtig, ihre Kundinnen zuvor persönlich kennenzulernen, um die Arbeiten anschließend ganz individuell zu gestalten.

Elisabeth Treskow, deren Werke auf zahlreichen internationalen Kunstausstellungen gezeigt wurden, arbeitete bis ins hohe Alter. Zwar gab sie ihre Werkstatt auf, als sie 1971 in eine Brühler Seniorenresidenz zog, doch sie entwarf weiterhin Schmuckstücke, die nun von ihren Schülern angefertigt wurden. 1991 zeigte das Kölner Museum für Angewandte Kunst eine Retrospektive ihres Lebenswerks, das über 300 Werke umfasst. Im Jahr darauf starb Elisabeth Treskow am 6. Oktober 1992 in Brühl. Sie wurde 94 Jahre alt. Woher sie die Inspiration für ihre Arbeiten bezog, hat die renommierte Goldschmiedin einmal so formuliert: „Meine Versuche zu warten, bis die Musen mich küssten, sind immer fehlgeschlagen. Ich glaube, sie küssen lieber die, denen der Schweiß heißen Bemühens die Stirn feuchtet, als jene, die ihre Ankunft untätig schwärmend erwarten.“

Autorinnen: Gerda Laufenberg, Karin Feuerstein-Prasser

Quellen

  • Rüdiger Joppien, Elisabeth Treskow. Goldschmiedekunst des 20. Jahrhunderts, Museum für Angewandte Kunst, Köln 1990
  • ders., Elisabeth Treskow in: FrauenSilber. Paula Straus, Emmy Roth & Silberschmiedinnen der Bauhauszeit, Info Verlagsgesellschaft 2011