Mein Lebensweg

Ich, Behshid Najafi, wurde 1956 in Isfahan, Iran, geboren. 1986 flüchtete ich nach Deutschland und lebe seitdem hier. Ich habe zwei inzwischen erwachsene Söhne.

Zur Schule ging ich in Isfahan, dort machte ich auch mein Abitur. Danach studierte ich an der Universität in Teheran Politikwissenschaften. 1978 schloss ich mein Studium mit dem Bachelor erfolgreich ab. Hierauf folgte von 1978 bis 1980 mein Magister-Studium der Pädagogik in Kalifornien, USA.

Danach kehrte ich in den Iran zurück und setzte mich dort von 1980 bis 1984 für politische, soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit ein. Wegen dieses politischen Engagements musste ich 1984 aus dem Iran fliehen und lebte bis 1986 in Baku, Aserbaidschan (damals UdSSR).

Mein Engagement

Seit über 30 Jahren setze ich mich in Deutschland für die Menschenrechte von Migrantinnen* und geflüchtet Frauen* ein, um aktiv gegen sexistische, rassistische, klassistische und andere diskriminierende Gesellschaftsstrukturen vorzugehen.

Ich bin pragmatisch und visionär. Nach meinem Grundsatz „Different, but equal“ fordere ich gleiche Rechte für alle Menschen, trotz Unterschieden. So versuche ich, auch im Ruhestand meiner Utopie, einer Gesellschaft ohne jegliche Diskriminierung, immer ein bisschen näher zu kommen und sie selbst zu leben.

Meine Überzeugungen: Demokratie lebt vom Kampf für Menschenrechte

Menschenrechtsverletzungen sind in der Welt leider vielfältig, wie: Armut, Hunger, mangelnde medizinische Versorgung, mangelnde Schulbildung, Kriege und Bürgerkriege, religiöse, ethnische und politische Verfolgung sowie Folgen von Umweltzerstörungen. Diese Menschenrechtsverletzungen betreffen Männer, Frauen und Kinder.

Frauenrechte sind Menschenrechte

Es gibt jedoch zusätzlich spezifische Menschenrechtsverletzungen an Frauen, die eng mit Körper, Geschlecht und Sexualität der Frauen verbunden sind. Dazu gehören Witwenverbrennung, Zwangssterilisation, Zwangsabtreibung oder Verbot der Abtreibung, Zwangsfortpflanzung, Kinder- und Zwangsverheiratung, Zwangsverschleierung oder -entschleierung, Zwangsjungfräulichkeit, Zwangsprostitution, Genitalbeschneidung (FGC/FGM) und Vergewaltigung oder Steinigung. All diese Menschenrechtsverletzungen basieren auf patriarchalen Strukturen.

Patriarchale Strukturen gibt es überall auf der Welt. Dort wo eine gewisse Rechtsstaatlichkeit und Demokratie vorherrscht, konnten Frauen für ihre Rechte kämpfen, dort sind patriarchale Strukturen schrittweise zurückgegangen.

Verbesserungen, die wir in Deutschland erreicht haben

In Deutschland wurde innerhalb der Demokratie und des Rechtsstaates immer wieder für Frauenrechte gekämpft und die Errungenschaften an folgende Generationen weitergegeben, sodass sie davon profitieren konnten. Die Gesetzgebungen haben sich schrittweise verbessert und Frauen bekamen mehr Rechte zuerkannt.

Einige Beispiele:

  • 1977: verheiratete Frauen müssen in der BRD nicht mehr die Erlaubnis ihres Ehemannes einholen um zu arbeiten
  • 1979: nach einer Entjungferung muss ein Mann die Frau nicht mehr heiraten oder Strafe zahlen
  • 1995: Abtreibungen sind unter bestimmten Voraussetzungen straffrei möglich
  • 1997: Vergewaltigung in der Ehe ist strafbar
  • 2002: das Gewaltschutzgesetz hat häusliche Gewalt von einer Privatangelegenheit zu einem Belang von öffentlichem Interesse gemacht
  • 2007: ein Gesetz gegen Stalking wird erlassen
  • 2016: sexuelle Belästigung wird zu einer Straftat
  • 2018: Istanbul Konvention, Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, wurde ratifiziert, leider mit zwei Vorbehalten, die Migrantinnen in Gewaltsituation betreffen und ihre Rechte einschränken.

Gesellschaftliche Veränderungen kommen nur durch Kämpfe zustande. In einer demokratischen Gesellschaft tragen die Kämpfe im Laufe der Jahre Früchte. In einer diktatorischen Gesellschaft werden Menschen, die kämpfen, unterdrückt, in Haft genommen oder zur Flucht ins Exil getrieben. Es ist daher eine wichtige Aufgabe, die Demokratie durch den ständigen Kampf um Verbesserungen am Leben zu erhalten! Dabei muss beachtet werden, dass Unterdrückungen international sind, diese Kämpfe müssen sich also auch international vernetzen.

Seit 1993 habe ich bei agisra e. V., Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen in Köln gearbeitet, die ich 27 Jahre geprägt und mitaufgebaut habe. Seit diesem Jahr, 2021, bin ich in Ruhestand, aber nicht in Ruhe. Ich bin weiterhin ehrenamtlich bei agisra tätig und fühle mich noch als Teil des gemeinsamen „wir“.

In diesem Sinne haben wir es geschafft, dass ausgelöst durch stetige Unterstützung der Frauen, Gesetze verändert wurden. Damit haben wir die Situation der einzelnen Frauen verbessert.

Soziale Arbeit ist als Menschenrechtsprofession zu verstehen. Unsere Aufgabe ist es, einzelne Frauen zu unterstützen, und sich gleichzeitig einzusetzen für die Verbesserung der Situation aller Frauen. Wir haben uns bei agisra in der Unterstützungsarbeit nie eingeschränkt. Wir haben stets alle Migrantinnen* unterstützt unabhängig von sozialer und ethnischer Herkunft, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung, familiärer Situation, Behinderungen, Sprachkenntnissen und Aufenthaltsstatus. Die Beratung bei agisra ist ressourcenorientiert, feministisch und antirassistisch, unter der Berücksichtigung von Migrationsaspekten.

Dieser Ansatz beruht unmittelbar auf den Menschenrechten und wird von vielen Beratungsstellen geteilt. Wir sind ein Teil der Frauenbewegung in Deutschland und weltweit und kämpfen gegen patriarchale Strukturen. Wir sind auch ein Teil der Antirassismus-Bewegung und setzen uns für die Menschenrechte der Migrantinnen* ein. Wir haben uns eingesetzt für mehr Sozialstaatlichkeit, besonders für Migrantinnen* und geflüchtete Frauen*.

Wir begleiten Frauen* zu Behörden, um ihre Rechte einzufordern und sitzen zum Beispiel drei Stunden bei der Ausländerbehörde. Wir nehmen auch an internationalen und europäischen Konferenzen teil, um die Situation für alle Frauen* zu verbessern. Durch aktive Teilnahme an europäischen und internationalen Konferenzen haben wir unsere Themen auf den europäischen und internationalen Bühnen präsentiert und auf die Agenda gesetzt. Wir haben auch Gesetze auf EU-Ebene beeinflusst, die später in Deutschland zum Gesetz wurden, zum Beispiel die Menschenhandel-Paragrafen im Strafgesetzbuch oder Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.

Um diese Arbeit erfolgreich fortzusetzen und weitere Errungenschaften zu erreichen ist es eine Voraussetzung, dass wir sowohl pragmatisch als auch visionär bleiben und uns weiterhin engagieren.

Meine Vision

Menschenrechte sind universal und unveräußerlich. Das bedeutet, dass sie für alle und überall gelten und von niemandem abgesprochen werden dürfen. Menschenrechte sind unteilbar, die Kämpfe dafür auch. Diese Rechte müssen auch für alle Menschen gelten, in Deutschland und in der Welt.

Portrait Behshid Najafi taz Pantapreis zu KEINE FRAU IST ILLEGAL
Portrait Behshid Najafi, taz Pantapreis zu KEINE FRAU IST ILLEGAL, © Anja Weber

Autorin: Behshid Najafi, Pädagogin M.A. Köln

Behshid Najafi– Streiterin für die Menschenrechte von Migrantinnen – YouTube

Hier einige Links zu meinen Beiträgen: