Vorständin des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. Köln

Der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Köln (SkF e.V. Köln) ist eine Kölner Institution. Der Verein wurde 1900 von Marie Le Hanne Reichensperger in Köln und zeitgleich durch Agnes Neuhaus in Dortmund gegründet.  Die Arbeitsschwerpunkte des Vereins in Köln waren bei der Gründung die Vormundschaftsarbeit, die Straffälligen- und die Prostituiertenhilfe. Heute ist der SkF e.V. Köln mit seinen 550 haupt- und gut 230 ehrenamtlich Mitarbeitenden und den 56 ambulanten und stationären Einrichtungen und Diensten der größte der 130 lokalen Ortsvereine in ganz Deutschland.

Monika Kleine
© Burkhard Janssen

Die Angebote reichen heute von der Schwangerschaftsberatung und den Frühen Hilfen über die ambulante und stationäre Jugend- und Familienhilfe, mehrere Eltern-Kind-Einrichtungen, bis zur Wohnungslosenhilfe, der Prostituiertenhilfe, dem Gewaltschutz und den Hilfen zur Arbeit. Sie sind in ihrer Vielfalt und vor allem in ihrer Niedrigschwelligkeit ein unverzichtbarer Baustein im Kölner Hilfesystem.

Zum 01.01.2024 habe ich den SkF e.V. Köln nach 36 Jahren beim SkF e.V. Köln Richtung
(Un-)Ruhestand verlassen und die Geschicke des Vereins in die Hände meiner Nachfolgerinnen übergeben.
Seit bekannt ist, dass ich in den Ruhestand gehe, kam oftmals die Frage auf, was mich für so lange Zeit an den SkF e.V. Köln gebunden hat.

Leitfaden war für mich immer das Gefühl des „Dazwischenseins“. Von der verfassten Kirche wurde der Frauenfachverband SkF bestenfalls freundlich paternalistisch begleitet, vielfach aber einfach ignoriert oder sogar, wie in der Debatte um die Schwangerschaftskonfliktberatung, bekämpft. Auf der anderen Seite steht die „neue“ Frauenbewegung der 70er und 80er Jahre, die den SkF kritisch beäugte und bis heute häufig geneigt ist, eher das Trennende als das Verbindende zu betonen. Dieses „Dazwischensein“ hat mir die Energie geschenkt, eigene Standpunkte, klare Positionierungen und laute Nachdenklichkeit zu begründen.

Lebensweg

Monika Kleine
© Burkhard Janssen

Das Aufwachsen in einem strengen und engagierten Katholizismus im eher konservativen Schwarzwald der 50er und 60er Jahre hat mich u.a. in Sachen Frauenbild und -rolle früh in die Rebellion, aber auch in die Suchbewegung nach eigenen Vorbildern gebracht. Das Wissen darum, dass der SkF von seinen Gründerinnen nicht nur mit einem sorgenden, caritativen, sondern auch mit einem politischen Mandat ausgestattet worden ist, ist für mich daher immer eine handlungsleitende Maßgabe zur Entwicklung eigener, je individueller Frauenbiografien gewesen. Und nicht zuletzt Richtschnur für den inneren Motor, die Situation von Frauen verbessern zu wollen. Bestärkt wurde ich in dieser Haltung durch die Menschen, die mich haupt- und ehrenamtlich während meiner Zeit als Geschäftsführerin und Vorständin unterstützt haben.

Mutig geworden bin ich aber vor allem durch meine persönlichen Erfahrungen. Mit 18, kurz vor dem Abitur, wurde ich schwanger. Mit der Unterstützung durch die Ordensfrauen, die mich damals im Internat im Schwarzwald unsagbar getragen haben, habe ich erfahren, was es bedeutet, wenn Frauen Frauen den Rücken stärken. Dieses Getragen werden in einer existentiellen Krise hat mich ermutigt, meinen sehr eigenen Weg als Frau, als Frau in der Kirche und als alleinerziehende Mutter zu gehen.

Nach den praktischen Berufsstationen in Wuppertal (Brennpunktarbeit, Inobhutnahme, Schwangerschaftskonfliktberatung), die sich immer um Menschen in existentiellen Krisen drehten – bin ich 1987 zum SkF e.V. Köln gekommen. Seit dem 01.07.1996 war ich dessen Geschäftsführerin.

Kontroversen

In Köln gab und gibt es nach meinem Erleben niemals Stillstand. Es begann mit dem Kampf um den Verbleib in der Schwangerschaftskonfliktberatung, bei dem wir uns am Ende dem Ausstiegsbeschluss der Bischöfe beugen mussten.

Monika Kleine
© Burkhard Janssen

Der Ausbau der Prostituiertenhilfe mit der Einrichtung des betreuten Straßenstrichs, der Modell für mehrere deutsche Städte wurde, der Aufbau unserer Angebote für wohnungslose Frauen und der Beschäftigungshilfen, die verfassungsrechtliche Debatte um die anonymen Kindesabgaben wie dem Moses Baby Fenster, der Aufbau der Gewaltschutzarbeit, die Bewältigung der Corona-Pandemie und die vielen vereinsbezogenen Entscheidungen – all das war nicht nur mit Arbeit verbunden, sondern auch mit einem hohen Maß an politischer und gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme. In diesem Zusammenhang habe ich es als Bestätigung erlebt, in meiner Rolle als Leitung des SkF e.V. Köln zu Anhörungen des Ethikrates des Deutschen Bundestages, in verschiedene Landtagsausschüsse und den Corona-Expertenrat beim damaligen Ministerpräsidenten Laschet eingeladen worden zu sein, um unsere Erfahrungen aus der Arbeit mit den verschiedenen Zielgruppen in die Meinungs- und Entscheidungsfindung einzubringen.

In den vergangenen mehr als 30 Jahren hat sich der Blick auf Frauen, auf die Familie und die Verteilung von Lasten zwischen den Geschlechtern verändert. Allen Widerständen zum Trotz nehmen sich Mädchen und Frauen jeden Alters heute das Recht, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es möchten. Dabei darf man die frauenspezifischen Diskriminierungen wie die höhere Gewaltbetroffenheit von Frauen, das Gender Pay Gap, die Doppelbelastung durch Familienarbeit und eigene Berufstätigkeit oder die berühmte „gläserne Decke“, wenn es um die Besetzung von Führungsposten geht, nicht außer Acht lassen. Das alles und noch viel mehr behindert Mädchen und Frauen bis heute.

Die Gleichstellung von Frauen, der Abbau von Diskriminierung von LGBTQI+, der Kampf gegen Rassismus, Klassismus und Antisemitismus werden auch weiterhin viele Unterstützer*innen benötigen.

Monika Kleine
© Burkhard Janssen

Resümee

Nach mehr als 30 Jahren bin ich stolz, dankbar und zugleich in Sorge. Stolz bin ich, weil der SkF e.V. Köln ein anerkannter Träger in der sozialen Landschaft Kölns mit einer überaus engagierten und identifizierten Mitarbeiter*innenschaft ist und sich ungebrochen anwaltschaftlich für die Belange benachteiligter Menschen stark macht. Sorgen macht mir das Erstarken antidemokratischer Kräfte. Es braucht ein waches und aktives politisches Mandat, um das Erreichte, das Recht auf Individualität und die Freiheit zu erhalten.

Autorin: Monika Kleine