Als herrlich komische „Ulknudel“ ist sie im kollektiven Gedächtnis geblieben. Dabei war Trude Herr eine vielseitig begabte Komödiantin, Schauspielerin, Sängerin und Bühnenautorin, die ein Leben lang hart an sich arbeitete. Doch ihr unermüdliches Engagement forderte seinen Tribut. Mit 61 Jahren trat sie aus gesundheitlichen Gründen von der Bühne ab und zog sich ins Privatleben auf den Fidschi-Inseln zurück. Viel Zeit blieb ihr aber nicht mehr. Doch wie hat sie selbst gesungen? „Niemals geht man so ganz…“

© Trude Herr
Die kleine Gertrud, die am 4. Mai 1927 in Köln geboren wurde, hatte keine leichte Kindheit. Aufgewachsen ist sie mit ihren beiden Geschwistern in Köln-Mülheim, wo sie ab 1933 auch die Volksschule besuchte. Doch im gleichen Jahr wurde ihr Vater, der Lokomotivführer Robert Herr, wegen seiner KPD-Mitgliedschaft verhaftet und musste fast die ganze Dauer des NS-Regimes im Zuchthaus verbringen. So wuchs Trude nicht nur in ärmlichen Verhältnissen auf, die Ausgrenzung und Entrechtung der Familie haben sie für ihr späteres Leben geprägt.
Nach Abschluss der Schule 1941 arbeitete die Heranwachsende in einer Bäckerei, bis das Haus der Familie 1943 bei einem Bombenangriff zerstört wurde. Mutter Agathe und die drei Kinder fanden nun ein vorläufiges Zuhause im hessischen Ewersbach, wo Trude eine Arbeit als Schreibkraft in der Kreisverwaltung Dillenburg aufnahm. Als der Krieg zu Ende war und auch der Vater endlich aus der Gefangenschaft freikam, kehrte die Familie zurück nach Köln.
Inzwischen war Trude achtzehn Jahre alt und träumte von einem völlig anderen Leben. Offenbar durch Vermittlung des Vaters fand sie zunächst eine Anstellung in der Anzeigenabteilung einer KPD-Zeitung, bevor sie sich 1946 zum Entsetzen der Familie einer Wanderbühne aus Aachen anschloss. Wollte sie ihr altes Leben hinter sich lassen und in völlig neue Rollen schlüpfen?
Auf jeden Fall bewies sie komödiantisches Talent. Als sie ein Jahr später bei Willy Millowitsch vorsprach, der gleich nach Kriegsende den Theaterbetrieb an der Aachener Straße wieder aufgenommen hatte, zeigte er sich von ihrem komödiantischen Talent begeistert. Er nahm Trude Herr in sein Ensemble auf und gab ihr kleine Rollen. Doch sie wollte mehr, ein eigenes Theater. 1949 gründete sie mit einem Freund die „Kölner Lustspielbühne“, die jedoch schon nach wenigen Monaten Konkurs anmelden musste. Damit schien die Schauspielkarriere bereits beendet. In den nächsten Jahren arbeitete Trude Herr als Bardame in einer Schwulenkneipe, dem „Barberina“ an der Hohen Pforte.

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Doch letztlich setzte sich die Komödiantin in ihr durch. 1954 schaffte Trude Herr den künstlerischen Durchbruch als Büttenrednerin im Kölner Karneval, wobei sowohl ihre Leibesfülle als auch die markante Stimme rasch zu ihrem Markenzeichen wurden. Allerdings brachten ihre kompromisslosen und unkonventionellen Ansichten sie wiederholt in Konflikt mit den konservativen Karnevalsgesellschaften. Nachdem ihr 1959 die Aufführung der parodistischen Nummer „Die Karnevalspräsidentengattin“ untersagt worden war, verzichtete sie auf weitere Auftritte als Büttenrednerin. An der Seite von Grete Fluss trat sie im Varieté-Theater „Kaiserhof“ am Kaiser-Wilhelm-Ring auf, wo der damals bekannte Kabarettist Willy Schaeffers ihr komödiantisches Potenzial erkannte und sie 1958 in sein Theater „Tingel-Tangel“ nach Berlin holte. Gleichzeitig ebnete er ihr den Weg zum deutschen Unterhaltungsfilm, der damals zahllose Zuschauer in die Kinos lockte. Zwischen 1959 und 1964 wirkte Trude Herr in 31 Komödien mit, in denen sie stets die Rolle der resoluten und temperamentvollen „rheinischen Ulknudel“ verkörperte, oft an der Seite von Heinz Erhardt und anderen bekannten Schauspielern. Zudem reüssierte sie auch als Schlagersängerin. Unvergessen ist vor allem der Titel „Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann“, den sie 1960 im Schlagerfilm „Marina“ zum Publikumsrenner machte.

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Die intensive Arbeit war kräftezehrend, Trude Herr brauchte dringend eine erholsame „Auszeit“. 1964 unternahm sie eine längere Reise durch die Staaten der Sahara, auf der sie ihren späteren Ehemann, den Tunesier Ahmed M´ Barek kennenlernte. Er folgte ihr nach Deutschland, wo die beiden 1969 heirateten. Doch die Ehe scheiterte nach einigen Jahren und wurde 1976 geschieden.
Zurück in Köln trat Trude Herr wieder regelmäßig im Millowitsch-Theater auf, ab 1970 mit eigenem Ensemble. Damals begann sie auch, eigene Stücke zu schreiben, darunter die 1973 aufgeführte Komödie „Scheidung auf Kölsch“, die einer ihrer größten Publikumserfolge wurde. Und doch versuchte Trude Herr, sich langsam vom Image der „komischen Dicken“ zu lösen und neue künstlerische Wege zu beschreiten. Die traditionellen bürgerlichen Schwänke hielt sie für nicht mehr zeitgemäß, wollte Stücke, die die Lebenswirklichkeit der Menschen widerspiegelten und auch sozialkritische Themen nicht aussparten. Mit Willy Millowitsch war das allerdings nicht zu machen. 1976 kam es zum Bruch.
Im Jahr darauf eröffnete Trude Herr ihr eigenes Theater. Nachdem sie ein leerstehendes Kino in der Severinsstraße pachten konnte, feierte sie am 9. September 1977 Premiere mit dem Stück „Die kölsche Geisha“. Das 500 Plätze umfassende „Theater im Vringsveedel“ wurde schon bald über Köln hinaus bekannt. Und doch ist es Trude Herr nicht gelungen, ihre Rolle als „Ulknudel“ loszuwerden, sozialkritische Stücke wollte ihr Publikum nicht sehen.
Trude Herr zeigte vollen Einsatz als Intendantin, Regisseurin und Hauptdarstellerin in einer Person. Doch das zehrte an ihren Kräften. Zudem litt die Kettenraucherin in den 1980er Jahren zunehmend an gesundheitlichen Problemen. Hinzu kamen finanzielle Sorgen, denn die Fixkosten ihres Theaters übertrafen die Einnahmen. Im Februar 1986 gab Trude Herr die Schließung ihres Theaters bekannt und verkündete, sie werde ein neues Leben auf den Fidschi-Inseln beginnen. Sie verabschiedete sich aus Köln mit dem Lied „Niemals geht man so ganz“, das sie zusammen mit Wolfgang Niedecken und Tommy Engel auf der Bühne sang.
Tatsächlich ging sie nicht „so ganz“. Anfang 1991 kehrte sie noch einmal nach Köln zurück, bevor sie sich mit ihrem Lebenspartner Samuel Bawesi, den sie auf den Fidschis kennengelernt hatte, ins klimatisch günstigere Südfrankreich zurückzog. Hier, in ihrem Haus in Lauris nahe Aix-en-Provence, starb Trude Herr am 16. März 1991 im Alter von 63 Jahren an Herzversagen. Ihr Leichnam wurde nach Köln überführt und im Familiengrab auf dem Nordfriedhof beigesetzt.
Doch Trude Herr, die 1988 das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte, bleibt unvergessen. An ihrem alten Theater in der Severinsstraße erinnert eine Bronzetafel an die große Komödiantin, und 2020 wurde die städtische Gesamtschule Köln-Mülheim nach ihr benannt. Und in der Südstadt ist ein kleiner Park vor dem Bürgerzentrum Stollwerck nach Trude Herr benannt.
Karin Feuerstein-Prasser