Als Tochter des jüdischen Großkaufmanns Max Samuel Oppenheimer (1852-1922) in Köln geboren, hatte Olga fünf jüngere Geschwister. Ihr Zeichentalent wird seit den Schulzeiten von ihren Eltern gefördert. Ihre reichen Eltern mieteten der Hochbegabten schon zu Schulzeiten ein eigenes Atelier in der Köl­ner Ru­bens­stra­ße. Nach dem Abitur studierte sie an der Damenakademie in München. 1906/07 folgte Ol­ga Op­pen­hei­mer mit der acht Jah­re älteren Emmy Worrin­ger (1878-1961) den Freundinnen Marta Schmitz und Agnes Oster an die Damenakademie in München, um hier und in Dachau ihre Kunstmalerausbildung fortzusetzen. Bereits 1907 ent­stan­d ein pas­tell­far­be­nes Por­trait (Abb.2) im im­pres­sio­nis­ti­schen Stil, den sie von der Akademie in München kannte.

© Unbekannte*r Künstler*in: Olga Oppenheimer,  Öl auf Papier, auf Hartfaserplatte aufgezogen, 30,2 x 24,2 cm, Kölnisches Stadtmuseum, 2011 aus dem Privatbesitz eines Sammlers erworben.

1909 finanzieren ihr die Eltern ein Studienjahr in Paris an der Académie Ranson bei Paul Sérusier (1864-1927), einem Schüler von Paul Gauguin. Op­pen­hei­mer knüpf­t in Paris wich­ti­ge berufliche Kon­tak­te. Die folgenden drei Jahre lebt sie erneut im Elternhaus im Mar­sil­stein 28. 1910 richtet sie zusammen mit Emmy Worringer in dem von ihrem Vater mitfinanzierten neu erbauten Gereonshaus im Geschäftsviertel unter dem Dach ihr Atelier ein und eröffnet die „Mal- und Zei­chen­schu­le Ol­ga Op­pen­hei­mer“ (Abb.3). Schwer­punkt der Leh­re bilden Por­traits, Ak­te und Still­le­ben.

Im Januar 1911 entsteht aus dem Kreis des 1909 gegründeten Kölner Künstlerclubs der Gereonsklub als Forum für moderne Kunst. Hier planen Olga Oppenheimer und Emmy Worringer mit Unterstützung ihrer Freundin Marta Worringer und deren Ehemann Wilhelm (1881-1965), dem Kunsthistoriker, das Ausstellungs- und Vortragsprogramm und setzen es um. Der expressionistische Graphiker Franz M. Jansen (1885-1958), der die Einladung zur Eröffnungsveranstaltung am 21. Januar entwarf, war mit dabei. Auch im Restaurant des Zoologischen Gartens (heute: „Zoo Event“), das die Witwe Berta Worringer mit ihrem ältesten Sohn Adolf betrieb, fanden vom Gereonsklub organisierte Ausstellungen und Künstlertreffen statt. 1912 trat der mit Olga Oppenheimer befreundete Bonner Expressionist August Macke (1874-1914) dem „Klub“ bei und leitete bis zu seinem Tod dessen Geschicke. Bereits im Oktober 1911 öffnet der Gereonsklub die erste anerkannte Ausstellung mit Bildern von Franz Marc (1880-1916), der in München den Blauen Reiter gegründet hatte. Gezeigt werden bis Kriegsbeginn u. a. Arbeiten von Vincent van Gogh (1853-1890), Gustav Klimt (1862-1918) und Pablo Picasso (1885-1941). Auch nach dem Umzug an den Friesenplatz 1913 werden z. B. noch Robert Delauney (1885-1941) und Paul Klee (1879-1940) präsentiert.

Nachdem Macke Oppenheimer dem Direktor des Wallfraff-Richartz-Museums Alfred Hagelstange (1874–1914) vorstellt, ist sie 1910, 1911 und 1913 in dem Museum mit Holzschnitten und Ölbildern vertreten. 1912 werden einige ihrer Arbeiten im Kunstgewerbemuseum gezeigt. Bis 1913 sollen auch in New York, Boston und Chicago Werke von Olga Oppenheimer zu sehen gewesen sein.

Anzeige für Olga Oppenheimers Mal- und Zeichenschule im Katalog der Internationalen Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler, 1912.
© Stephan Berg (Hrsg.): Ein Expressionistischer Sommer, Bonn 1913, Katalog der Ausstellung. München 2013, S. 18.     

1913 heiratet sie Adolf B. Worringer (1882–1960) und lebt mit ihm in Köln-Riehl in der Bodinusstr. 2nahe dem Zoo. Sie bekommt die Söhne Ro­bert (1914-1985), spä­ter Re­stau­ra­tor, und Ul­rich (1916-1986), der nach dem Zweiten Weltkrieg als Ban­kier Karriere machte.

Der Soldatentod Au­gust Ma­ckes 1914 und 1916 ih­res ein Jahr jüngeren Bru­ders Fried­rich Alex­an­der trifft sie schwer. Sie malt und zeichnet nicht mehr. In jene Jahre fällt laut familiärer Erzählung der Beginn tie­fer De­pres­sio­nen. Nach Kriegsende wird Olga Worringer auf Initiative ihres Mannes in das Marienkrankenhaus der Kranken- und Pflegeanstalt Wald­breit­bach bei Neu­wied ein­ge­wiesen. Den bei­den Söh­nen verschweigt der Vater die Erkrankung ihrer Mutter, so die jüngste Tochter ihrer Freundin und Schwägerin Marta, Lucinde Sternberg-Worringer, gegenüber der Autorin 1998. Auf­grund sei­ner Ehe mit einer Jü­din wir­d Adolf Worrin­ger 1935 die Pacht­ für das Lo­kal „Zoo­lo­gi­scher Gar­ten“ ent­zo­gen. 1936 reicht er die Scheidung ein, damit entfällt der Schutz Olga Worringers durch die „privilegierte Mischehe“, die Söhne sind so womöglich vor weiterer Diskriminierung geschützt.

Am 10. Februar 1941 wird Olga Worringer geb. Oppenheimer im Rahmen einer „Sonderaktion“ zur Vernichtung jüdischer Patientinnen und Patienten in die Zwischenanstalt Andernach verlegt, am Tag darauf gelangt sie in einem Transport in die Tötungsanstalt Hadamar und wird dort sofort in der Gaskammer ermordet. In den offiziellen Papieren wurde von der Euthanasie-Zentrale in Berlin bewusst irreführend „Cholm“ (ein Ort östlich von Lublin) gegenüber den Angehörigen als Tarnadresse für den Ort des Todes angegeben. Die Patientenakten wurden nach Berlin verschickt und sind zum großen Teil vernichtet, so auch die von der Kölner Malerin.

Christl Wickert (Berlin / Zernien)

Werke:

Die meisten Werke von Olga Oppenheimer sind mit Aus­nah­me von we­ni­gen Ar­bei­ten, teil­s nur durch Fo­tos über­lie­fert, heu­te ver­schol­len. Fünf ihrer Arbeiten aus den Jahren zwischen 1899 und 1907 haben sich in Privatbesitz, höchstwahrscheinlich Familienbesitz, erhalten. Der Bonner Kunsthistoriker Martin Pesch konnte nach intensiven Recherchen nur neun Werke von Olga Oppenheimer nachweisen.

1899 – Wil­berg, Zeich­nung, Pri­vat­be­sitz
1907 – Ern­te, Holz­schnitt, Pri­vat­be­sitz
1907 – Ve­ne­dig, Holz­schnitt, Pri­vat­be­sitz
1907 – Akt in Rü­cken­an­sicht, Holz­schnitt, Pri­vat­be­sitz
1907 – Bild­nis Ber­tha Op­pen­hei­mer, Ge­mäl­de, Pri­vat­be­sitz
1911 – Son­nen­blu­men­still­le­ben, Aqua­rell, Ver­bleib un­be­kannt, Fo­to: Rhei­ni­sches Bild­ar­chiv
1913 – Kai­ser Wil­helm II. Ge­mäl­de, Ver­bleib un­be­kannt, Fo­to: Rhei­ni­sches Bild­ar­chiv
un­da­tiert –

1913 – Frau­en­por­trait, Ge­mäl­de, Köl­ni­sches Stadt­mu­se­um, un­da­tiert

1913 – Dop­pel­bild­nis, Ge­mäl­de, Ver­bleib un­be­kann­t  

Quellen:

Stephan Berg (Hrsg.): Ein Expressionistischer Sommer, Bonn 1913, Katalog der Ausstellung, München 2013.

Helga Grebing: Die Worringers: Bildungsbürgerlichkeit als Lebenssinn – Wilhelm und Marta Worringer (1881–1965), Berlin 2004.

Martin Pesch: Olga Oppenheimer, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/olga-oppenheimer/DE-2086/lido/5db1a5abde9f51.19861210 (abgerufen am 25.04.2024)

Hildegard Reinhardt: Olga Oppenheimer und die Kölner Sezession, in: Ludger Heid, Julius H. Schoeps (Hrsg.): Wegweiser durch das jüdische Rheinland, Berlin 1991.

Hildegarth Reinhardt: Olga Oppenheimer – Eine verschollene Künstlerin des Kölner „Gereonsklubs“, in: Magdalena M. Moeller (Hrsg). August Macke und die Rheinischen Expressionisten, München 2002.

Auskunft der Gedenkstätte Hadamar, Madeleine Michel, vom 16. Mai 2024 www.gedenkstaette-hadamar.de.

Auskunft zum Anstaltsaufenthalt und zum Tod:

HHStAW, Best. 631a, Nr. 1-453 (Verfahren der Generalstaatsanwalt Frankfurt unter Leitung von Fritz Bauer gegen Werner Heyde, Gerhard Bohne und Hans Hefelmann 1959-1963).

LVR Archiv Brauweiler, ALVR Nr. 13.070 Aufstellung der damaligen Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Andernach vom 11. Februar 1941, Aufenthaltsliste 10./11.02.1941: „Namentliche Liste derjenigen jüdischen Kranken, die auf Grund der Verfügung vom 31.1.41 VEa Nr. 434 die Anstalt passiert haben.“

Nachweis der letzten Adresse Bodinusstr. 2 mit Telefon B 7448
in:  Greven’s Adressbuch 1915, S. 671. Das Haus war das Eckhaus zur Stammheimer Str., heute ein Mehrfamilienhaus aus der Nachkriegszeit. Die Häuser Nr. 1, 5 und 7 (gg.) und 4,6,10 stehen auf der Denkmalsliste von Köln-Riehl.