Elisabeth Klesse wurde am 24.1.1949 geboren, wuchs auf in Bochum, studierte für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen, war seit 1975 Lehrerin an einer Münsteraner Gesamtschule und von 1977 bis 2016 an der inklusiven IGS Köln-Holweide. Sie ist Mutter zweier Söhne. Seit über 35 Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich für ein menschenwürdiges Leben von in Köln ansässigen Roma-Familien.

Roma: Faszination und Hass, Fernweh und Abscheu – selten polarisieren Menschen so wie sie. Fest eingebrannt im kollektiven Gedächtnis sind bis heute die Bilder angeblich krimineller Sinti und Roma, die in der NS-Diktatur ebenso wie die düsteren Klischees „typisch jüdischer Menschen“ die idealisierten „rassereinen“ Erscheinungsbilder arischer Menschen in die Helligkeit des nationalsozialistischen Herrschaftshimmels heben sollten.

© Sead Memeti
Gulaschsuppe für den Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse nach der Einweihung des Archiv- und Dokumentationszentrums zur Geschichte und Kultur der Roma im Februar 1999
© Elisabeth Klesse

Die politische Aufbruchstimmung der 70er Jahre beförderte die kritische Aufarbeitung solcher rassistischen Verirrungen. So wurde mehr und mehr über das Schicksal von Sinti und Roma, ihre jahrhundertealte Verfolgungsgeschichte in vielen Gesellschaften und insbesondere ihre organisierte Ermordung in deutschen Lagern während des Zweiten Weltkriegs bekannt.

Bis heute haben viele von ihnen als Staatenlose nicht die gesetzlich verankerten Rechte der Mehrheitsbevölkerung. In der Regel sind sie auf zeitlich begrenzte Duldung an ihren jeweiligen Aufenthaltsorten angewiesen. Sicherheiten für einen zukünftigen Verbleib entstehen daraus meist nicht, immer wieder gibt es Abschiebungen.

Elisabeth Klesse tritt 1984 bei „Bündnis 90/Die Grünen“ ein und will ihr politisches Engagement in praktisches Handeln umsetzen. So kommt sie in Kontakt mit der Roma-Initiative, später Rom e.V. Köln. Erstes Engagement im Flüchtlingsheim am Dellbrücker Mauspfad und am Butzweiler Hof, wo etliche Roma-Familien in Köln seit den 80er Jahren notdürftig leben. Sie haben keinen Anspruch auf die Gewährung von Asyl, sind weitestgehend verarmt und zum großen Teil Analphabeten, sprechen oft kaum Deutsch.

Zunächst galt es, massive Vorurteile in der Nachbarschaft abzubauen. Viel Aufklärungsarbeit über unterschiedliche Lebensgewohnheiten mündete in ein Patenschaftsmodell. Eine zaghafte Willkommenskultur mit Festen, Kinderbetreuung und vielen Alltagshilfen entstand. Parallel dazu musste viel Kraft in die politische Aktivierung der zuständigen Dezernate der Stadtverwaltung investiert werden, um für finanzielle Absicherung, schulische Betreuung, Wohnraum, gesundheitliche Versorgung und andere lebenswichtige Regelungen zu sorgen und für ein Bleiberecht zu kämpfen. Auch Entscheidungsträger der Landespolitik mussten informiert und in Hilfeplanungen einbezogen werden (1).
Diese Arbeit wurde anfangs ausschließlich von Ehrenamtlern geleistet. Und ehrenamtliche Arbeit für Roma zu leisten hieß: starke Widerstände in der Öffentlichkeit auszuhalten, auch Meinungs- und Interessensunterschiede innerhalb der eigenen Gruppen pragmatisch zu lösen und immer wieder neu Handlungskonzepte zu entwickeln. So wurde das Überleben der Initiative gesichert und diese in solide professionalisierte Strukturen überführt (2)
Neben Öffentlichkeitsarbeit auf Basis des stetig wachsenden Archiv- und Dokumentationszentrums bietet der Verein Bleiberechts- und Sozialberatung, u.a. auch in Kursen zu Schwangerschaft und Verhütung, wurden Kita- und Schulgruppen eingerichtet. Alphabetisierungskurse und Sprachkurs-Angebote kamen hinzu. Stellen für hauptamtliche MitarbeiterInnen konnten geschaffen werden.

Demo für das Bleiberecht der Roma, Ende der 1980er Jahre
© Elisabeth Klesse

Elisabeth Klesse als eines der Gründungsmitglieder wird, zusammen mit Doris Schmitz, über Jahrzehnte hin Mitglied im Vorstand des Rom e.V. Sie verwaltet neben der aufwändigen Vorstandsarbeit als Schatzmeisterin den Gesamtetat des Vereins.

Eine Reihe von Preisen für hervorragende integrative Arbeit sind dem Rom e.V. verliehen worden, u.a. die Integrationsmedaille der Bundesregierung 2014. Mit Auszeichnungen ist auch den beständigsten, sozusagen »nachhaltigsten« Ehrenamtlerinnen Elisabeth Klesse und Doris Schmitz gedankt worden. Ihr jahrzehntelanges Engagement für Roma im Rom e.V. und in den von ihm initiierten Projekten und ihr mutiger Umgang mit vielen Widerständen und Anfeindungen sind beispielhaft. Dies alles auf der Basis einer unbeirrbaren politischen Haltung, die sich grundsätzlich gegen rassistisch begründete Ungerechtigkeit wehrt und Betroffenen durch politische und pädagogische, im weitesten Sinne humanitäre Unterstützungsarbeit aktiv hilft.

Maddy Wirminghaus

Literatur


1. Links zu den anderen Rom e.V.-Beiträgen www.frauenstadtplan.koeln

2. https://archiv.romev.de  Einleitungstext über den Rom e.V. 3. Gelem, Gelem – wir gehen einen langen Weg – 30 Jahre Rom e.V.
hrsg. von Elisabeth Klesse und Doris Schmitz im Auftrag des Rom e.V.