Antonie Hopmann war eine überzeugte Katholikin. Doch dass sich die Sozialpolitikerin so stark für die Berufstätigkeit der Frauen einsetzte, stieß gerade bei Männern gleicher Konfession auf harsche Kritik. So beschwerte sich Josef Rompel, Direktor des Statistischen Amtes Mainz ganz offiziell: „Wie man dafür in der katholischen Kirche Propaganda machen kann, ist mir unbegreiflich…Meines Erachtens müsste im Interesse der katholischen Sache hier doch einmal Einhalt geboten werden.“ Doch davon ließ sich Antonie Hopmann nicht beirren.
Am 3. Juni 1882 kam sie in Werden an der Ruhr (heute ein Stadtteil von Essen) als Ältestes von neun Kindern zur Welt. Vater Adolf, ein wohlhabender Färbereifabrikant und seine Frau Antonie bescherten dem Nachwuchs eine behütete Kindheit und erzogen sie „in unerschütterlichem Glauben an Gott und die katholische Kirche“. Antonie Hopmann besuchte die höhere Mädchenschule und absolvierte anschließend eine Ausbildung zur Lehrerin, die sie 1902 abschloss. Drei Jahre lang arbeitete sie in ihrem Beruf und unterrichtete an einer Bonner Mädchenschule. Doch dann füllte sie die Tätigkeit nicht mehr aus. Sie entschloss sich, ein Studium in Münster aufzunehmen, Geschichte, Philosophie und Anglistik für das höhere Lehramt. Nach bestandenem Examen erhielt sie 1909 eine Anstellung in Koblenz, bevor sie 1912 nach Köln kam. Gemeinsam mit ihrer Cousine lebte Antonie Hopmann in einer Wohnung in der Alteburger Str. 15.
In Köln nahm ihr Leben eine entscheidende Wendung. Auch wenn sie ihre Lehrtätigkeit am katholischen Lyzeum St. Gereon vorerst fortsetzte, veranlasste sie der Kontakt zur katholischen Frauenbewegung, letztlich einen anderen Weg einzuschlagen. Ihre Tante, Emilie Hopmann, Mitbegründerin und Vorsitzende des „Katholischen Deutschen Frauenbundes“ (KDFB), sensibilisierte die Nichte für die sozialen Probleme ihrer Zeit, speziell die Nöte zahlreicher Frauen. Die katholische Frauenbewegung hatte ihre Wurzeln in der katholischen Soziallehre, die sich im 19. Jahrhundert entwickelt hatte und u.a. eng mit dem Namen Adolf Kolping verbunden ist. Dabei ging es darum, den Menschen nicht nur das Wort Gottes zu predigen, sondern sich ganz konkret um ihre Bedürfnisse zu kümmern.
Hatte Antonie Hopmann bislang nur für die Schule gelebt, entdeckte sie hier ein völlig neues Betätigungsfeld. Gemeinsam mit gleichgesinnten Frauen gründete sie die „Kommission für soziale Fragen und Bestrebungen“, um sich den Nöten ihrer Geschlechtsgenossinnen anzunehmen. Der Schwerpunkt lag bei den Heimarbeiterinnen, die oftmals unter Armut und Mehrfachbelastung litten. Für diese Gruppe organisierten Antonie Hopmann und ihre Mitstreiterinnen Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote wie gemeinsame Wanderungen, die ein wenig Abwechslung in den mühevollen Alltag bringen sollten.
Inzwischen hatte sich Antonie Hopmann tief in die Materie eingearbeitet und war dabei auf die Arbeit der US-Amerikanerin Jane Addams gestoßen, Feministin und Sozialreformerin, die 1931 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.
Antonie Hopmann war von dieser Wegbereiterin der Sozialarbeit zutiefst fasziniert. Noch 1912 hielt sie ihren ersten Vortrag zum Thema: „Zwanzig Jahre sozialer Frauenarbeit in Amerika“, dem noch weitere folgten.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs erforderte dann aber vorwiegend praktische, betriebliche Sozialarbeit. Während die meisten Männer eingezogen waren, arbeiteten nun vorwiegend Frauen in der Rüstungsindustrie, eine oftmals belastende Tätigkeit. Antonie Hopmann setzte sich daher für die Einstellung von sogenannten Fabrikpflegerinnen ein, die sich um die Nöte und Sorgen der Arbeiterinnen kümmern konnten.
Gleichzeitig baute sie zwischen 1916 und 1921 in der Kölner Schokoladenfabrik Stollwerck eine offene Jugendhilfe für Fabrikarbeiterinnen auf. Die nämlich mussten oft 14 Stunden am Tag arbeiten und wussten nicht, wie ihre Kinder betreut werden sollten.
Unterdessen hatte Antonie Hopmann die Sozialarbeit zu ihrem Beruf gemacht, auch wenn sie selbst keine entsprechende Ausbildung erhalten hatte. Ihr Weg war, modern ausgedrückt: „Learning by doing.“ Und wie viel sie in dieser Zeit gelernt hatte, blieb nicht unbemerkt. Seit 1917 leitete sie die „Fürsorgevermittlungsstelle des Kriegsamts“, die später Teil des städtischen Arbeitsamts wurde. Hier war sie in der Berufsberatung und Arbeitsvermittlung tätig. In den Kriegsjahren hatte sie eine wichtige Erfahrung gemacht: So schwer die Arbeit in den Munitionsfabriken und anderswo für die Frauen auch gewesen sein mochte, für viele war es eine ganz neue Erfahrung gewesen, „auf eigenen Beinen“ zu stehen und das Leben selbst zu meistern. So wurde die Berufstätigkeit der Frau zum neuen Schwerpunkt in Antonie Hopmanns Arbeitsbereich.
1926 übernahm sie sie den Posten der Generalsekretärin beim KDFB, einer Organisation mit inzwischen über 200 000 Mitgliedern (überwiegend Haus- und Landfrauen), obwohl es ihr sichtlich schwerfiel, sich von der lieb gewordenen Tätigkeit zu trennen. Zudem hatte der Katholizismus Vorbehalte gegen berufstätige Frauen. Aber sie warb auch weiter dafür, betonte 1927, dass jenseits „aller Anschauungen über die außerhäusliche Arbeit als Provisorium, Ersatz für Ehe und Mutterschaft…die Berufstätigkeit der Frau für die Erhaltung und Stärkung ihrer Persönlichkeit“ von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Davon könne auch die Familie profitieren.
Die Nationalsozialisten sahen das naturgemäß anders. Aber das war nicht der alleinige Grund, warum es Antonie Hopmann wichtig war, sich deutlich sichtbar gegen die neuen Machthaber zu positionieren. Im Februar 1933 verfasste sie mit anderen Frauen, darunter Auguste Adenauer, Christine Teusch und Amalie Lauer, einen öffentlichen Wahlaufruf für die Zentrumspartei. Darin heißt es: „Sie (die Nationalsozialisten) sind Ausmaß einer Gesinnung, die hemmungslosen Hass predigt und die Vernichtung des Gegners will.“
Nach dem Verbot der Zentrumspartei wirkte sie „in stillem inneren Widerstand“, wie es ihre Mitstreiterin Helene Weber später einmal formulierte. Antonie Hopmann kam gemeinsam mit ihrer Cousine am 1. März 1941 beim ersten Bombenangriff auf Köln ums Leben. Wenige Tage später wurden beide auf dem Südfriedhof beigesetzt.
Karin Feuerstein-Prasser
Quellen:
Elisabeth Prégardier, Antonie Hopmann (1882-1941). Wege zum Wesentlichen. Ein Leben für Frauenbewegung und Sozialpolitik, Essen 1991.
Birgit Sack, Antonie Hopmann in: „10 Uhr pünktlich Gürzenich“ – Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln, Münstler 1995.
Antonie Hopmann – Wikipedia , aufgerufen am 11.3.2024.