Frieda Bartdorff wird 1874 in Berlin geboren. Ihr Vater, ein Wäschefabrikant, schickt sie auf die Höhere Töchterschule, damit sie eine Ausbildung als Lehrerin bekommt. 22jährig lernt sie den Privatgelehrten und Weltreisenden Adolf Fischer kennen. Seine im asiatischen Stil eingerichtete Wohnung beeindruckt sie nachhaltig, ebenso die Persönlichkeit des 19 Jahre älteren Mannes. Bereits einen Tag später verlobt sie sich mit ihm, und 3 Monate später ist das Paar verheiratet. Sie können es nicht abwarten, gemeinsam Asien zu erkunden. Zwanzig Monate sind sie unterwegs in Indien, Hongkong, Taiwan (früher Formosa) und Japan. Ihr Interesse gilt besonders der ostasiatischen Kultur und Kunst. Frieda führt ausführlich Tagebuch. Das Paar bringt zahlreiche Kunstschätze mit und präsentiert sie im Jahre 1900 auf einer Ausstellung in Wien.

Frieda Fischer mit einer Rikscha in Tokyo 1898
Frieda Fischer mit einer Rikscha in Tokyo 1898, © Museum für Ostasiatische Kunst, Archiv

Bald planen sie ihre zweite Asienreise. Sie lösen ihre Wohnung in Berlin auf und überlassen die Sammlung Fischer dem preußischen Staat. Im Gegenzug soll Frieda Fischer eine lebenslange Rente erhalten. 1901 reist das Ehepaar durch Birma (heute: Myanmar), Japan und China. Sie entwickeln erste Pläne für ein ostasiatischen Museum. Dabei sehen sie asiatische Kunstgegenstände weniger unter völkerkundlichen Aspekten, sondern viel mehr als eine eigenständige Kunst, die der europäischen ebenbürtig ist. „Es wachsen Pläne in uns, Pläne zu einem Museum, aber einem solchen, das nicht der Völkerkunde dienen, sondern nur der Kunst geweiht sein soll, der Kunst Ostasiens.“ (2)  Lisa Lang weist allerdings auf kolonialistische Aspekte hin: „Die Reisen, von denen Fischer in ihren Tagebüchern berichtete, fanden ausschließlich zu einem Zeitpunkt statt, zu dem nationales Gedankengut in Europa vorherrschte und die koloniale Expansionspolitik forciert wurde. In den Schriften Fischers lassen sich wiederholt kolonial geprägte Gedankengänge wiederfinden. Dieser Aspekt benötigt eine kritische und postkoloniale Auseinandersetzung….“ (2)

Adolf und Frieda Fischer um 1904
Adolf und Frieda Fischer um 1904, © Museum für Ostasiatische Kunst, Archiv

Adolf Fischer wird wissenschaftlicher Sachverständiger an der Gesandtschaft Peking (Beijing). Diese Funktion erfordert zahlreiche Reisen in Ostasien und bietet dem Paar die Möglichkeit, weitere Museen zu besichtigen und Kunstobjekte zu sammeln. Auf der Rückreise über die USA lassen sich die Fischers zahlreiche Ostasiatische Museen und Privatsammlungen zeigen und erklären. Besonders in New York und in Boston erhalten sie viele Anregungen zur Sammlungspräsentation und zu Aufbewahrungssystemen.

Sie suchen eine Stadt in Deutschland, die bereit ist, die Museumspläne zu unterstützen. 1909 macht die Stadt Köln dem Ehepaar das Angebot, ein Museum für ostasiatische Kunst in Köln aufzubauen. Es entsteht unter architektonischer Aufsicht der Fischers am Hansaring und ist bei Eröffnung 1913 das erste Museum auf europäischem Boden, das Kunstschätze aus Ostasien präsentiert. Im April 1914 stirbt Adolf Fischer unerwartet an Herzversagen.

© Museum für Ostasiatische Kunst, Archiv

Wie vertraglich vereinbart übernimmt Frieda Fischer im Alter von 40 Jahren die Leitung des Museums. Sie ist – nach Johanna Mestorf, Museumsdirektorin von 1891-1909 in Kiel – die zweite Museumsdirektorin in Deutschland. Abgesehen von ihrer akademischen Ausbildung hat sie 5 Asienreisen gemacht und sich mehr als 10 Jahre lang in Asien aufgehalten. Sie hat die chinesische Sprache gelernt, um Zutritt zu der Welt außerhalb der Gesandtschaft zu bekommen.  Diese Erfahrungen, ihr Umgang mit Experten vor Ort und ihre Publikationen tragen zu ihrem exzellenten Ruf als Expertin und Gutachterin für ostasiatische Kunst bei. Fischer schenkt der Stadt nochmals hohe Geldbeträge und ihre umfangreiche Büchersammlung, die aus etwa 6.000 wissenschaftlichen Publikationen bestand. Die Stadt Köln verpflichtet sich im Gegenzug, ihr als Museumsdirektorin eine Leibrente zu zahlen.

1921 heiratet Frieda Fischer den – ebenfalls deutlich älteren – Juristen und Senatspräsidenten am Oberlandesgericht Köln a.D. Alfred Ludwig Wieruszowski und verbringt glückliche Jahre – mit dem Witwer und ihrem Museum. Die vier Töchter von Alfred Wieruszowski sind gegen die Heirat.

1937 verlangen die Nationalsozialist*innen, sich von ihrem Mann wegen seiner jüdischen Abstammung zu trennen. Als sie sich weigert, wird sie von der Museumsleitung suspendiert und darf als Stifterin ihr eigenes Museum nicht mehr betreten. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung stellt die Stadt Köln die Zahlung der Leibrente ein. Sie darf auch nicht mehr für den Vorstand der Gesellschaft für Ostasiatische Kunst kandidieren.

Adolf und Frieda Fischer im neu erbauten MOK 1913
Adolf und Frieda Fischer im neu erbauten MOK 1913, © Museum für Ostasiatische Kunst, Archiv

Um finanziell zu überleben, publiziert sie Reisetagebücher von ihren Reisen mit Adolf Fischer durch Japan und China. Das entrechtete Ehepaar Fischer-Wieruszowski wird gezwungen, in ihrem Haus in der Voigtelstraße 26 in Köln Braunsfeld mehrere jüdische Familien aufzunehmen und sich mit einem Zimmer zu begnügen. Um einer Deportation zu entgehen, flüchten sie nach Dresden zu einer früheren Bediensteten der Wieruszowskis. Alfred Wieruszowski erkrankt schwer und stirbt im Februar 1945 im jüdischen Krankenhaus Berlin. Frieda stirbt 10 Monate später. Sie wird zunächst an der Seite ihres zweiten Mannes auf dem jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt.

Grab von Frieda Fischer
© Geolina / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

1952 besinnt sich die Stadt Köln der Verdienste von Frieda Fischer-Wieruszowski. Sie veranlasst die Überführung der sterblichen Überreste von Berlin nach Köln. Auf dem Melaten Friedhof wird sie an der Seite ihres ersten Mannes Adolf Fischer begraben. Der asiatisch anmutende Grabstein wird 1920 von dem Bildhauer Georg Grasegger geschaffen. Es wird mit Mitteln des Förderkreises des Museums für ostasiatische Kunst restauriert und wird heute als Ehrengrab von der Stadt Köln gepflegt und weist seit kurzem Informationstafeln auf.

Auf Initiative des Kölner Frauen Geschichtsvereins wird der Weg vom ostasiatischen Museum entlang des Aachener Weiher- inklusive der Brücke – Frieda-Fischer-Weg benannt.

Autorin: Maria Beckermann

Quellen

  1. Franken, Irene, Wieruszowski, Frieda, geb. Bartdorff, in: Ulrich S. Soénius; Jürgen Wilhelm (Hgg.): Kölner Personen-Lexikon, Köln 2007, S. 157.
  2. Lang, Lisa, Frieda Fischer, Lilly Fischel und Hanna Stirnemann – Frauen in Führungspositionen an Museen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Masterarbeit für die Prüfung zum Master of Arts im Studiengang Kunstwissenschaft, Technische Universität Berlin, 17. März 2022
  3. Doku über Frieda Fischer und ihr Museum für Ostasiatische Kunst in Köln – WDR 3 Kulturfeature – Sendungen – Programm – WDR 3 – Radio – WDR
  4. Frieda Fischer-Wieruszowski – Wikipedia
  5. 100 Jahre Museum für Ostasiatische Kunst Köln (museenkoeln.de)