Parvin Ebrahimzadeh ist 1959 im Zentral – Iran, in der Stadt Arak, in der Nähe von Teheran, geboren. Sie besuchte in Arak die Grundschule und ein Gymnasium und hat im Jahr 1977 ihr Abitur absolviert.
Nach dem Abitur startete die Revolution im Iran. Parvin unterstützte die Revolution mit Flugblättern, Aktionstagen und bei der Organisation von Demonstrationen – für Demokratie und ein freies Parteiensystem. Sie begann 1979 mit ihrem Studium an der Universität, musste es aber 1982 abbrechen wegen eines Studienverbotes. Nach dem Scheitern der fortschrittlichen Revolutionsbewegungen und der Einführung der islamischen Republik wurde die Universität in Teheran für drei Jahre geschlossen.
Zusammen mit anderen politischen Aktivisten*innen kämpfte Parvin gegen das islamistische Regime. 1982 heiratete Parvin einen bekannten politischen Aktivisten. 1985 musste Parvins Mann fliehen – Parvin war zu diesem Zeitpunkt schwanger. Parvin wollte auch fliehen und das Kind mitnehmen. Dazu hätte sie die Erlaubnis ihres Mannes gebraucht. Der war allerdings schon im Ausland. Ihr blieb keine andere Möglichkeit, als illegal die Schwangerschaft abzubrechen, um ausreisen zu können. Seit dieser traumatischen Abtreibungserfahrung engagierte Parvin sich dafür, dass Frauen selbst entscheiden und über ihren Körper bestimmen können, auch dass sie selbst darüber bestimmen können, ob sie ein Kind behalten oder nicht.
Parvin floh am 18.März 1986 aus dem Iran nach Köln. Dort traf sie wieder auf ihren Mann. Zuerst lebte sie in einer Asylunterkunft in Pulheim und zog von dort aus über Sinthern in die Kölner Südstadt. In Erinnerung an die gewaltvolle Abtreibung, die Parvin im Iran erlebt hat, setzt sie sich ein in der internationalen Bewegung: für ein Recht auf Abtreibung und gegen den Paragraf 218 Strafgesetzbuch, und für die Selbstbestimmung der Frauen im Islam über ihre Körper und für die Rechte von Frauen. In Pulheim lebte sie zusammen mit ihrem Mann, anfangs sehr isoliert. Die evangelische Kirche in Sinthern bot einen Treffpunkt für geflüchtete Menschen im Kirchenladen an. Parvin lernte Elen Lörch kennen und gründete mit ihr zusammen eine Frauengruppe in Sinthern, wo sie sich wöchentlich trafen, um über Frauenrechte zu sprechen.
Mit weiteren geflüchteten Frauen aus dem Iran gründete sie im Winter 1986 ehrenamtlich den Deutsch – Iranischen Frauenverein in Köln. Der Verein war eng vernetzt mit anderen feministischen Vereinen in Köln. Zusammen mit diesen organisierte Parvin Ebrahimzadeh viele Veranstaltungen rund um das Thema Frauenrechte, über die Situation von Frauen im Iran und über die politische Situation im Iran. Sie veranstalteten feministische Partys, Seminare zu Themen rund um gewaltarme Kommunikation, Rechte von LGBTIAQ*+ und Demonstrationen. Zudem arbeitete sie ehrenamtlich als Beraterin für Frauen in häuslicher Gewalt und Frauen in Notsituationen. Im Handwerkerinnenhaus Köln nahm Parvin für vier Jahre eine ABM Stelle an.
„Wir versuchen hier in Deutschland eine Stimme für die Frauen im Iran zu sein. Damit die Menschen Bescheid wissen, wie läuft es im Iran.“ – Auszug aus dem Interview: Selbstorganisierung von Migrantinnen in Köln mit dem Frauengeschichtsverein, 17.01.2023
Parvin baute von 2004 – 2009 ehrenamtlich die Interkulturelle Frauenarbeit im Bürgerhaus MüZe auf. Durch das Jobcenter bekam Parvin ab 2010 die Möglichkeit, eine feste Stelle anzunehmen. Seit 2016 arbeitet sie im Bürgerhaus MüZe mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag und berät Frauen rund um häusliche und sexuelle Gewalt, zu Trennungen und Scheidung und begleitet Frauen zu Ämtern, Fachärzt*innen, Krankenhäusern und Schulen. Einmal die Woche bietet sie ein internationales Frauencafé an. 2021 wurde Parvin von dem neuen Träger interKultur e.V. im Bürgerhaus MüZe wegen ihrer wertvollen Arbeit für die Rechte und den Schutz von Frauenübernommen.
Parvin Ebrahimzadeh ist Gründungsmitglied im Bündnis lila in Köln, einem Bündnis autonomer Frauenprojekte gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Die Frauen unterstützen Aktionen, zum Beispiel an dem weltweiten Aktionstag ONE BILLION RISING, am Internationalen Frauentag sowie den Protestmarsch „Wir nehmen uns die Nacht“ am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Parvin gibt Frauen mit ihrer Arbeit nach wie vor Kraft, vor allem, wenn sie Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, aus dieser Situation heraushelfen kann. Aktuell ist Parvin viel auf Veranstaltungen, die sich für Frauenrechte im Iran einsetzen. Sie wünscht sich sehr, eines Tages ihr Land Iran in Freiheit besuchen zu können. Denn als Exiliranerin konnte sie seit 1986 aufgrund der Situation vor Ort nicht mehr in ihr Heimatland reisen.
Autorinnen: Parvin Ebrahimzadeh, Julia Kollmann
https://www.youtube.com/watch?v=hmhKnVvzmq4 – Parvin Ebrahimzadeh – Selbstorganisierung von Migrantinnen in Köln, Kölner Geschichtsverein, 17.01.2023