Man weiß nicht allzu viel über das Leben von Augustina de Heers, der Gründerin des ersten deutschen Ursulinenklosters in Köln. Sie muss jedoch eine äußerst zielstrebige und couragierte Frau gewesen sein. Mitten in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges legte sie nämlich mit einigen Gefährtinnen den gefährlichen Weg von Lüttich nach Köln zurück, um hier, am Ort des Martyriums der hl. Ursula, eine Mädchenschule zu gründen.
Um 1610 kam Augustina de Heers als Tochter einer wohlhabenden flandrischen Familie zur Welt und trat 1625 als Novizin in das Ursulinenkloster Lüttich ein. Der 1535 gegründete Orden der Ursulinen, deren Namensgeberin die hl. Ursula war, hatte sich die Erziehung und Bildung von Mädchen zum Ziel gesetzt. War es im Mittelalter noch die wichtigste Aufgabe der Nonnen gewesen, für das Seelenheil der Verstorbenen zu beten, so hatte es nach dem Klostersturm der Reformationszeit einen „monastischen Frühling“ gegeben, der vor allem den Frauenorden eine völlig neue Richtung gab. Konnten sich ihre Gemeinschaften bislang nur parallel zu den Männerorden etablieren, so entstand mit den Ursulinen ein ganz neuer Typ des Nonnenlebens. Die Schwestern lebten teilweise ohne Klausur und setzten sich für das „tätige Leben“ ein. Sie übernahmen Aufgaben wie Krankenpflege oder Bildung und Erziehung. Die Ursulinen waren von Anfang an ein ausgesprochener Schulorden.
Augustina de Heers hegte schon seit längerem ehrgeizige Pläne: An dem Ort, an dem die heilige Ursula, die Namenspatronin des Ordens, ihr Martyrium erlitten hatte, wollte sie „zur Wahrung des Glaubens und zur Rettung der Seelen“ ein Kloster mit angeschlossener Mädchenschule gründen, auch als Bollwerk gegen die wachsende Zahl Kölner Protestanten. Schon allein der Weg dorthin auf der alten Handelsstraße über Aachen war ein gewagtes Unterfangen, denn noch befand man sich mitten im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Selbst wenn es nicht zu direkten Kampfhandlungen kam, streunten überall marodierende Soldatentrupps herum, die sich einfach nahmen, was sie zum Leben brauchte. Doch Augustina de Heers hatte keine Angst und brach im November 1639 gemeinsam mit einigen Gefährtinnen auf nach Köln. Glücklicherweise kamen sie wohlbehalten an. Köln hatte seit Kriegsbeginn die Neutralität gewahrt und blieb so vor militärischen Auseinandersetzungen geschützt.
Im „hillijen Köln“ wurden die frommen Frauen nicht freundlich empfangen. Die Stadt war nicht nur mit Kriegsflüchtlingen überfüllt, auch Stifte und Klöster gab es bereits zur Genüge, sodass Neugründungen unerwünscht waren. Köln hatte seine besten Zeiten längst hinter sich und war dringend auf Steuereinnahmen angewiesen. Stifte und Klöster waren jedoch von Steuern und sonstigen Abgaben befreit.
Vorerst erhielten die Ursulinen nur ein Aufenthaltsrecht für drei Monate. Sie fanden aber schon bald eine provisorische Behausung in der Nähe von St. Gereon und begannen trotz allem sofort, Maßnahmen für die Gründung einer Mädchenschule einzuleiten. Dabei durften sie weder Grundbesitz erwerben noch ein Kloster errichten. Doch sie blieben hartnäckig, auch wenn vor allem Mater Augustina de Heers damals eine sehr schwere Zeit durchmachte. War es wirklich Gottes Wille, in Köln ein Ursulinenkloster zu gründen? Das Lütticher Mutterkloster hatte die Kölner Gründung schließlich nicht genehmigt. Zudem mussten die Schwestern jederzeit damit rechnen, aus Köln ausgewiesen zu werden.
Doch trotz aller Zweifel beschloss Augustina de Heers, ihren Plan zu realisieren: „Niemals würde ich mich aus mir selbst zur Rückkehr entschlossen haben“, schrieb sie später. „Dazu hatte ich dem lieben Gott zu oft versprochen, in seinem Werk auszuharren, solange es der Gehorsam verlange, solle es mir auch das Leben kosten.“
Letztlich zahlte sich ihre Hartnäckigkeit aus. Dem Verbot der Stadt trotzend, gründete Augustina de Heers 1640 auf der Breite Straße ein Kloster mit Mädchenschule innerhalb einer abgeschlossenen Klausur, denn für sie stand Gottes mutmaßlicher Wille über den weltlichen Gesetzen. Die Ursulinen hatten Glück, dass die Stadt Köln nicht von ihrem Ausweisungsrecht Gebrauch machte. Erst 1651 erhielten die Schwestern das Recht, Besitz zu erwerben und damit die endgültige Aufenthaltsgenehmigung. Unverzüglich erstanden sie das Haus „Im Lämbchen“ auf der Breite Straße und machten daraus ihr Kloster. Endlich konnten sie in aller Ruhe ihrer wichtigsten Aufgabe nachgehen, der Erziehung und Bildung der Mädchen.
Da über die folgenden Jahre keine Informationen vorliegen, ist davon auszugehen, dass Leben und Arbeit im Kölner Ursulinenkloster reibungslos vonstatten gingen. Dann aber brach die Pest über die Stadt herein. Ab Sommer 1665 starb etwa ein Viertel der Einwohnerschaft. Auch Augustina de Heers starb im Kloster „Im Lämbchen“ am 11. April 1666.
Das weitere Schicksal des Ursulinenklosters liegt weitgehend im Dunkeln. 1671 siedelten die Schwestern jedenfalls in die Macchabäerstraße um – ganz nahe am Rhein, wo sich einst das Martyrium der hl Ursula zugetragen haben soll. 1712 wurde ihre Kirche geweiht. 1858 eröffnete hier die Kölner Ursulinenschule ihre Tore, die sich noch heute großer Beliebtheit erfreut.
Seit 1991 blickt die steinerne Nachbildung von Ursula de Heers vom Kölner Rathausturm aus auf die Stadt, die ihr das Leben seinerzeit so schwergemacht hat.
Autorin: Karin Feuerstein-Prasser
Barbara Weber, Geschichte der Kölner Ursulinenschule von 1639 bis 1875, Köln 1930