Alice Neven DuMont setzte sich über Jahrzehnte für die Interessen der Kölnerinnen ein. Die Nöte und Sorgen zahlreicher Frauen, denen sie sich widmete, hat sie selbst nie kennengelernt. Als Alice Minderop, geboren am 19. April 1877 in Köln, wuchs sie im konservativen Besitzbürgertum in der Severinstraße auf. Ihr Vater Heinrich, dessen Vorfahren aus den Niederlanden eingewandert waren, hatte mit lukrativem Handel von Kaffee, Tee und Tabak ein Vermögen erwirtschaftet. Über Alice‘ frühe Jahre ist kaum etwas bekannt. Vermutlich wird sie als „höhere Tochter“ ein Mädchenpensionat besucht haben, das die jungen Damen auf ihre spätere Rolle als Ehefrauen mit gesellschaftlichen Verpflichtungen vorbereitete.
Alice Minderop heiratete mit 19 Jahren. Ihr Ehemann Alfred Neven DuMont (1868-1940) war in Köln kein Unbekannter. Er arbeitete seit 1892 in dem von seinem Vater gegründeten Verlagshaus und unternahm später gemeinsam mit seinem Bruder die Leitung des Unternehmens. Der Verlag gab die nationalliberale Kölnische Zeitung heraus, zur Zeit des Kaiserreichs eines der wichtigsten überregionalen Blätter. Seit 1876 erschien auch der Kölner Stadt-Anzeiger, zunächst noch als Anzeigenblatt, später als eigenständige Zeitung.
Das Paar zog in die Overstolzenstraße 5-13 nahe dem Volksgarten und bekam in den nächsten Jahren vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter. Alice Neven DuMont konnte sich in Haushalt und Kindererziehung auf Personal stützen. Schon früh begann sie, sich in der Kölner Frauenbewegung zu engagieren. Als sie während des Ersten Weltkriegs im Nationalen Frauendienst aktiv war, einer Einrichtung, die sich unter anderem um die Lebensmittelversorgung der hungernden Bevölkerung kümmerte, lernte sie die assimilierte Jüdin Else Falk kennen, mit der sie künftig eng zusammenarbeitete. Seit 1919 war Alice Neven DuMont deren Stellvertreterin im Vorsitz des Stadtverbandes Kölner Frauenvereine. Weil ihr vor allem das Wohlergehen von Müttern und kleinen Kindern am Herzen lag, übernahm sie 1924 den Vorsitz des Kölner Hilfsvereins für Wöchnerinnen, Säuglinge und Kranke.
Gemeinsam mit Else Falk gründete Alice Neven DuMont 1925 einen eigenen Wohlfahrtsverband, der heute den Namen „Der Paritätische“ trägt, eine gemeinnützige, konfessionell und parteipolitisch unabhängige Organisation mit zahlreichen Aufgaben und Angeboten.
Um die Kölner Frauen über die Tätigkeit des Stadtverbandes Kölner Frauenvereine zu informieren, nutzte Alice Neven DuMont die Verlagsleitung ihres Ehemanns. Von 1925 bis 1933 erschien in der Kölnischen Zeitung eine Frauenbeilage mit wichtigen Terminen und anderen interessanten Informationen, wobei sie und Else Falk als Herausgeberinnen fungierten.
Seit 1929 widmete sich das erfolgreiche Tandem einer weiteren Gruppe von Frauen, die bislang im Schatten ihrer männlichen Kollegen gestanden hatten: den Künstlerinnen. 1927 hatte die Hamburger Mäzenin Ida Dehmel die GEDOK gegründet, die Gemeinschaft deutscher und österreichischer Künstlerinnen. Zwei Jahre später riefen Alice Neven DuMont und Else Falk den regionalen Ableger GEDOK Köln ins Leben. Sie organisierten zahlreiche Ausstellungen und andere kulturelle Veranstaltungen.
Mit dem Machtantritt der NSDAP 1933 endete die gemeinsame Arbeit von Else Falk und Alice Neven DuMont. Else Falk opferte ihren Posten und trat von allen Vorstandsämtern zurück, um Schaden vom Verband abzuwenden und die Früchte ihrer Arbeit zu schützen. Alice Neven DuMont reagierte verhalten, informierte sachlich über die Amtsniederlegung Falks und äußerte die Hoffnung, dass die Vereinsmitglieder „uns auch fernerhin die Treue halten und mit uns am Wiederaufbau Deutschlands arbeiten.“ (!) Es gab keine Versuche, Else Falk zu halten oder zu würdigen. Dagegen die Andeutung, sich mit dem NS Regime zu arrangieren.
Leider sind keine Ego-Dokumente bekannt, die uns über Denken und Fühlen von Alice Neven DuMont Auskunft gäben. Sie erbte alle Funktionen und übernahm den Vorsitz aller von Else Falk geführten Vereine bis zur Selbstauflösung des Stadtverbands Kölner Frauenvereine bereits im Mai 1933.
Auch die GEDOK, die die zahlreichen jüdischen Künstlerinnen ausgeschlossen hatte, wurde noch im gleichen Jahr in eine nationalsozialistische Organisation umgewandelt. Im April 1933 forderte die Gaufrauenschaftsleiterin Martha von Gelinck sie auf, das Amt niederzulegen, da an ihrer ‚politischen Zuverlässigkeit‘ gezweifelt wurde. Alice Neven DuMont blieb Vorsitzende der GEDOK bis 1934.
Über Alice Neven DuMonts Agieren in der NS-Zeit ist praktisch nichts bekannt. Sie hatte die Möglichkeit, die Kriegszeit zumindest teilweise am Starnberger See zu verbringen.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg trat Alice Neven DuMont wieder öffentlich in Erscheinung. Sie bemühte sich als Brücke zur jüngeren Generation um die Reorganisierung einzelner Vereine. 1947 versuchte sie – noch vergeblich – die GEDOK zu neuem Leben zu erwecken. Doch erst 1953 erfolgte die offizielle Neugründung und damit der Startschuss für vielfache kulturelle Aktivitäten. Am 2. März 1955 wurde die inzwischen knapp 78-Jährige zum Ehrenmitglied der GEDOK Köln ernannt.
Weitere Ehrungen folgten. Anlässlich ihres 80. Geburtstags lobte ihre langjährige Weggefährtin und jetzige CDU-Abgeordnete des Stadtrats, Sibille Hartmann, Alice Neven DuMonts umfassendes Engagement für die Kölner Frauenbewegung, ihre „Förderung sozialer Frauenarbeit und das staatsbürgerliche Streben und Wirken“. Wenige Tage später wurde ihr für diese Leistung das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.
1962 feierte die Gedok Alice Neven DuMont mit einer Schmuckurkunde. Darin dankte sie ihr für die „Rettung“ und die Leitung der GEDOK “in den schweren Jahren des dritten Reiches.“
Alice Neven DuMont starb am 23. August 1964 im Alter von 87 Jahren und wurde im Familiengrab auf dem Kölner Melatenfriedhof, Flur 63a, beigesetzt.
Autorin: Karin Feuerstein-Prasser
- Ellscheid, Rosemarie, Der Stadtverband Kölner Frauenvereine, Köln 1988
- Franken, Irene, Frauen in Köln. Der historische Stadtführer, Köln 2008
- Tyrakowski, Marlene, „Die machen aus uns keine Nazi’ssen“ – Kölner Frauenbewegung und Nationalsozialismus, in: 10 Uhr pünktlich Gürzenich – 100 Jahre bewegte Frauen in Köln, Kölner Frauengeschichtsverein, Agenda Verlag Münster 1995, S. 254
- Regenbrecht, Katharina, Alice Neven DuMont, in: 10 Uhr pünktlich Gürzenich – 100 Jahre bewegte Frauen in Köln, Kölner Frauengeschichtsverein, Agenda Verlag Münster 1995, S. 264