Irene Franken wurde am 8.10.1952 in Düsseldorf geboren. Ihre Eltern lebten in einer sogenannten ‚Mischehe‘, die Mutter war Protestantin, der Vater Katholik, damals eine durchaus heikle Konstellation. Irene erinnert sich, dass sie gerne mit dem Vater katholische Gottesdienste besuchte, ‚weil da so viel passierte‘.

Nach dem Abitur ging sie nach Köln und studierte Deutsch und Geschichte, zunächst mit dem Ziel, ins Lehramt zu gehen. Während des Referendariats änderte sie diesen Plan und entschied sich, lieber mit Erwachsenen zu arbeiten. Zwei Erfahrungen leiteten ihren Weg. Zum einen übernahm sie gerne Verantwortung, z.B. als Sprecherin im Wohnheim und in Seminaren, zum anderen sprachen Frauenbiografien sie an. So hatte sie schon in der Schulzeit ein Referat über Rosa Luxemburg gehalten. Das war in den 1960er Jahren eine Ausnahme, denn als bedeutende Persönlichkeiten kamen üblicherweise im Unterricht nur Männern vor. Auch im Studium konnte sie ihre Neugier auf die Geschichte von Frauen nicht befriedigen. Als Referendarin erzählte sie den Schüler*innen von Mädchen in der griechischen Geschichte, umso motivierter, als sie ihren eigenen Lehrer*innen vorwarf, sie um die Geschichte von Frauen betrogen zu haben.

In den 1970er Jahren kam sie zur Frauenbewegung. Bereits mit 16 Jahren hatte eine Studie von Helge Pross (1) sie aufmerken lassen. Demnach hatten Mädchen wesentlich geringere Bildungschancen als Jungen. 1975 machte sie mit bei der Gruppe SOFA (Sozialistische Frauenbefreiungsaktion) und war Mitherausgeberin eines Heftes der Zeitschrift e.f.a. 1976 wechselte sie zur Frauenbefreiungsaktion (FBA) und war bei der Gründung des Frauenzentrums Eifelstraße dabei. Sie half die Räume zu renovieren, leitete zusammen mit anderen die ‚Neuengruppen‘ an. In der ‚Lustgruppe‘ schufen Frauen sich einen geschützten Raum, in dem sie künstlerisch mit Geschlechtsrollen spielen konnten, sich verkleideten und ausprobierten.

© Kölner Frauengeschichtsverein

Die Frauenbewegung schuf auch Arbeitsplätze. Für einige Jahre arbeitete Irene Franken im Kölner Frauenbuchladen, einem wichtigen Treffpunkt für Frauen. Vor der Zeit des Internets waren die Frauenbuchläden oft die einzigen Orte, die Wissen zu, über und für Frauen zugängig machten. Irene Franken trieb zusammen mit anderen Buchladenfrauen die Professionalisierung des Buchladens voran.

Im gleichen Haus hatte die ‚Kobra‘, eine feministische Zeitschrift für Köln, ihr Büro. Irene begann, für die Zeitschrift Artikel zu schreiben, bevorzugt über die Geschichte Kölner Frauen.

Es war Anne Gutzmann, die Irene vorschlug, nicht nur Artikel zu schreiben, sondern die beschriebenen Orte auch im Rahmen von Führungen zu besuchen. Gwen Edith Kiesewalter war mit ihrem pädagogischen Ansatz die richtige Partnerin für Irene. So fand am 27.4.1985 die erste sozialgeschichtliche Stadtführung mit dem Fokus auf Frauengeschichte statt. Es war eine Tagesreise mit dem Bus durch Köln, das Interesse war überwältigend. So eine Stadtführung war deutschlandweit ein Novum und fand in der Presse viel Aufmerksamkeit. Sogar in der Aktuellen Stunde im Fernsehen wurde darüber berichtet.

Jetzt wurde für Irene Franken ein Schuh daraus: 1986 gründete sie zusammen mit 7 anderen Frauen den Kölner Frauengeschichtsverein. 1987 wurde das Büro am Marienplatz 4 angemietet, das bis 2022 die Heimat des Kölner Frauengeschichtsvereins werden sollte.

Ihren Lebensunterhalt verdiente sie inzwischen in der Erwachsenenbildung mit Kursen in Volkshochschulen, Ökobildungswerken etc. Zeitweilig ließ sie sich fest anstellen, so drei Jahre lang beim Landesverkehrsverband Rheinland als Eventmanagerin.

© Irene Franken

Wie viele ‚alternative Projekte‘ hat auch der Frauengeschichtsverein Arbeitsplätze mit Hilfe von ABM-Maßnahmen finanziert. Als es diese Möglichkeit nicht mehr gab, ging Irene wieder auf Stellensuche. Von 2003-2005 arbeitete sie im FrauenMediaTurm. Dort verschlagwortete sie Bücher und war an der Entwicklung eines feministischen Thesaurus beteiligt. In dieser Zeit ist es ihr auch gelungen, einen Teilnachlass von Minna Cauer, einer der Kämpferinnen für das Frauenwahlrecht, einzuwerben.  

Inzwischen war Frauengeschichte populär. Die Angebote für Stadt- und Museumsführungen im Kölner Frauengeschichtsverein waren vielfältig und gut besucht, Artikel wurden veröffentlicht, Projekte angeboten. Irene erstellte eine Ausstellung über die GEDOK und mit dem Centrum Schwule Geschichte eine über 25 Jahre CSD (Christopher Street Day). Ihr persönliches Highlight blieb 1995 die Ausstellung ‚10 Uhr pünktlich Gürzenich‘ mit Begleitkatalog (2), die wissenschaftlich korrekt und anschaulich zugleich 100 Jahre Frauenbewegung in Köln dokumentierte. Zeitweilig hatte Irene Franken eine halbe Stelle an der Universität Köln und forschte zur Medizingeschichte der Universität. Im Seniorenstudium der Universität Köln war sie als Dozentin tätig.

Feministische Historikerinnen vernetzen sich und gründeten Archive für Frauengeschichte, schlossen sich in i.d.a.-Dachverband (Dachverband deutschsprachiger Frauen/Lesbenarchive, -bibliotheken und -dokumentationsstellen) zusammen und erstellen den META-Katalog (www.metakatalog.eu ), der Suchmaschine zu Frauenbewegungen im deutschsprachigen Europa. Daraus entstand das Digitale Deutsche Frauenarchiv. Irene Franken erarbeitete für dieses Internetprojekt die Geschichte Kölner Frauen wie Dorothee Sölle mit den Politischen Nachtgebeten, Carola Möller, Ingund Mewes und dem Piccolo Theater oder auch der Zeitschrift e.f.a.

© Samira Khadraoui

Inzwischen ist Irene Franken eine Marke geworden. Durch professionelle Frauengeschichtsforschung im Rücken, dem Erwerb umfassender Kenntnisse zur Geschichte von Frauen und Lesben in Köln, dem jahrzehntelangem Eingebundensein in ‚ihren‘ Kölner Frauengeschichtsverein, ist sie eine überregional bekannte und renommierte Expertin geworden. Sie wurde zur Regionaljurorin beim Schülerwettbewerb Geschichte des Bundespräsidenten benannt worden und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. 2004 wurde sie mit dem Inge-von-Bönninghausen-Preis Sternschnuppe ausgezeichnet. Ein besonders würdevolles Ereignis war die Verleihung der Alternativen Ehrenbürgerschaft von Köln im Jahre 2017. Die dafür ausgerichtete Feier im Gürzenich und die überwältigende Anerkennung vieler Menschen haben sie persönlich sehr berührt.  

Die Erreichung des Rentenalters bedeutet für Irene Franken keineswegs Ausruhen. Es gibt noch viele Themen, die sie beschäftigen und ambitionierte Ziele, die sie mit dem Kölner Frauengeschichtsverein erreichen will. Gerade ist der Verein in größere Räume am Höninger Weg 100 A umgezogen. Vor Kurzem hat sie eine App zu Orten Jüdischen Frauenlebens (3) in Köln veröffentlicht. Parallel unterstützt sie zusammen mit Ina Hoerner-Theodor den Kölner Frauen*stadtplan (4). In den Stadtführungen möchte sie neue Aspekte aufgreifen wie Wohnen zwischen Prunk und Obdachlosigkeit.

Im Rückblick auf die Arbeit des Kölner Frauengeschichtsvereins ist Irene Franken wichtig, dass sie Frauen im Nationalsozialismus niemals ‚nur‘ als Opfer gesehen haben, sondern auch ihren Anteil als Täterinnen erforscht haben.  Als größten Verdienst der Zweiten Frauenbewegung insgesamt betrachtet sie die Sichtbarmachung der sexualisierten Gewalt gegen Mädchen und den Kampf dagegen. Allein dafür hat sich das Engagement jeder einzelnen Frau gelohnt.

Autorin: Maria Beckermann

Quellen

  1. Helge Pross, Über die Bildungschancen von Mädchen in der Bundesrepublik, Frankfurt am Main 1969
  2. Kölner Frauengeschichtsverein, 10 Uhr pünklich Gürzenich – 100 Jahre bewegte Frauen in Köln, agenda-Verlag Münster 1995
  3. Irene Franken, Kölner Frauengeschichtsverein e.V., Orte Jüdischen Frauenlebens in Köln, App
  4. Der Kölner Frauen*Stadtplan, ein Kooperationsprojekt der Stiftung Frauen*leben in Köln www.stiftung-frauenleben.koeln mit dem Kölner Frauengeschichtsverein www.frauengeschichtsverein.de  und dem Amt für die Gleichstellung von Frauen und Männern der Stadt Köln