Die Tanzschule

Die Frauentanzschule „Swinging Sisters“ wurde 2003 von der Turniertänzerin Claudia Reger gegründet. Die Lage in einem Industriegebiet in Köln Bickendorf ist auf den ersten Blick wenig einladend. Innen bieten sich aber nach einem tatkräftigen Umbau ideale Bedingungen zum Tanzen: durch ein einladendes Bistro mit kleinen Tischen geht es durch die Tür einer flächigen Glasabtrennung in einen großen hohen und lichtdurchfluteten Raum mit Schwingparkettboden, Fensterfront und Spiegelwand. Die Farben Magenta und Orange unterstreichen die tänzerische Lebensfreude und sind zum Markenzeichen der Tanzschule geworden. In diesem Raum wird vor allem eines: getanzt.

© Swinging Sisters

Es werden Kurse aufeinander aufbauender Level angeboten, sodass von Einstieg über Fortgeschritten bis hin zum Turniertanz alle tanzbegeisterten Menschen Gesellschaft finden. Es gibt Workshops für einzelne Tänze oder zur Auffrischung von Schrittfolgen, und es gibt Veranstaltungen wie den regelmäßigen Tanztee oder die legendären Karnevalspartys. Es wird in den Mai getanzt, und immer wieder feiert sich die Tanzschule auch selbst, wie z.B. 2023 zum 20-jährigen Jubiläum.

Mit Spaß und etwas Ehrgeiz können sich die Tänzer*innen im Club fortlaufend verbessern. Solotänzer*innen lernen die Schritte von Latein-Tänzen in kleinen Gruppen-Choreografien.

Seit 2001 trainiert und choreografiert Claudia Reger auch Formationen, von denen es weltweit im Equality-Tanz nur sehr wenige gibt. Das Training findet in größeren Gruppen statt nach Choreografien, die Claudia Reger kreiert und zu Musik, die sie eigens dafür schneidet. Ergänzt durch die passenden Kostüme sind so schon viele bühnenreife Shows bei Bällen oder Turnieren zur Aufführung gekommen: ‚Cabaret‘, ‚Königin‘, ‚Fire‘, ‚Dancing Queen‘, ‚Burlesque‘, ‚Herzbeben‘ oder ‚I love Rock’n’Roll‘ sind nur einige der medaillenträchtigen Themen. Neben Berlin, Hamburg und immer wieder Köln konnte auch international Edelmetall von den EuroGames oder den GayGames in die Heimat gebracht werden, z.B. aus Antwerpen, Blackpool oder Stockholm. Darüber hinaus mobilisiert Claudia Reger aber auch alle willigen Tänzer*innen der Swinging Sisters, in einer gemeinsamen Choreografie am CSD tanzend (!) teilzunehmen, was regelmäßig mit großem Aufsehen bejubelt wird.

Geschichte des gleichgeschlechtlichen Paartanzes

Im 20. Jahrhundert wurden gleichgeschlechtliche Paare in den meisten konventionellen Tanzschulen nicht angenommen. Bei öffentlichen Veranstaltungen waren die, die sich überhaupt trauten zusammen zu tanzen, neugierigen oder abschätzigen Blicken ausgesetzt. Deswegen boten die Frauen-Tanzkurse, die Claudia Reger im Kölner SCHULZ anbot, einen geschützten Rahmen insbesondere, aber nicht ausschließlich, für Frauen*. Die Tanzschule ‚Swinging Sisters‘ wurde darüber hinaus ein Raum in Köln, in dem sich eine eigene Kultur des gleichgeschlechtlichen Tanzsports entwickeln konnte. Hier zählt die Bewegung, nicht die Kleidung: getanzt wird in Jeans und T-Shirt, in Kleid oder Anzug – ganz wie es gefällt. Wichtig ist die Freude an der Bewegung und der Musik.

Tanzschule 20-jähriges Jubiläum 2023, © Swinging Sisters
Tanzschule 20-jähriges Jubiläum 2023, © Swinging Sisters

Equality-Tanz bietet auch die Möglichkeit, mit Rollen zu spielen: nicht nur im Outfit, sondern beim Tanzen selbst. Statt von Männer- und Frauenrollen wird im gleichgeschlechtlichen Paartanz von Führenden und Folgenden gesprochen. Bei vielen Paaren sind die Rollen verhandelbar. Geübte Paare wechseln die Rolle je nach Tanz, andere sogar während des Tanzes. Dieser Führungswechsel charakterisiert das ‚Equality Dancing‘.

In den ersten Jahren wurde der Equality-Tanz vom konventionellen Sportverband DTV (Deutscher Tanzsport Verband) nicht anerkannt: Mitglieder des 2008 gegründeten DVET (Deutscher Verband für Equality im Tanzsport) durften keine Scheine zur Lehrberechtigung machen. Hartnäckige Verhandlungen und die zunehmende gesellschaftliche Toleranz änderten die Haltung des DTV. Durch ihre Turniererfolge und ihr Renommée als Tanzlehrerin und -trainerin trug Claudia Reger dazu bei, dass die deutschen Equality-Tänzer*innen mit dem DVET 2010 vom deutschen Sportspitzenverband DTV aufgenommen wurden. Es waren viel Sachverstand und Diskussionen erforderlich, um Equality-Regeln zu entwickeln. Denn die Wertungsrichter des DTV, die bei den Equality-Turnieren die Punkte vergaben, standen vor neuen Herausforderungen: Wie sollten sie den Führungswechsel beurteilen? Heute gilt ein Führungswechsel als gelungen, wenn er kaum zu bemerken ist.

Der Verein Swinging Sisters e.V.

Die Finanzierung der Frauentanzschule ruhte über viele Jahre allein auf Claudia Regers Schultern. Für kulturelle und politische Statements wie z.B. Formationstanz-Aufführungen zum CSD oder zu anderen Ereignissen blieb oft zu wenig Zeit und Energie. Deswegen gründete eine Gruppe tanzbegeisterter Frauen zusammen mit Claudia Reger 2016 den gemeinnützigen Verein Swinging Sisters e.V. mit dem Grundgedanken, Respekt und Toleranz für jede Person zu ermöglichen.

Spenden sind seit der Corona-Pandemie bitter nötig. Durch Corona wurde körperliche Nähe zum Infektionsrisiko, die Tanzschule musste mehr als 10 Monate komplett schließen. Danach musste DisTanz gehalten werden, die mit der Idee des Paartanzes nicht gut vereinbar war. Viele Tänzerinnen haben komplett pausiert oder sich andere Betätigungsfelder gesucht.  

A-Formation Deutsche Meisterschaften Berlin 2023, © Swinging Sisters

Langsam trauen sich Menschen wieder in die Anfängerkurse. Bis wieder auf allen Leveln getanzt wird, werden weitere zwei bis drei Jahre vergehen. Zu allem Überfluss steigen die Kosten. Insbesondere die Raummiete wird im nächsten Jahr zuzüglich der Energiekosten um ein Drittel angehoben werden. Aber Tanzen braucht Raum, viel Raum. Damit das Equality-Tanzen und Räume wie diese wunderschöne Tanzschule überleben, sind regelmäßige Spenden aus der Community oder von förderwilligen Menschen / Institutionen hilfreich. Der Verein wird eine Spendenquittung ausstellen:

Spendenkonto unter Frauen für mehr AkzepTanz e.V – Swinging Sisters (swinging-sisters.de)

Zukunftsperspektiven

Claudia Reger setzt auf ihre Leidenschaft: Tanzen und die Formationen. So sollen nach dem Corona-Einbruch auch wieder junge Menschen für das Tanzen begeistert werden. Die Öffnung der Frauentanzschule für queere Menschen, die sich als Frau* fühlen und mit Frauen* tanzen wollen, folgt der Logik des Equality-Gedankens: Die Rolle zu tanzen, die passt. Die LGBTIQA*-Community ist daher herzlich willkommen, aus der Reihe zu tanzen!

Wir wünschen Claudia Reger und den Swinging Sisters viel Erfolg, denn Equality-Tanz ist ein wundervolles Kulturgut unserer Community.

Unter ‚Die einzige Frauentanzschule in Köln – Swinging Sisters (swinging-sisters.de)‘ sind aktuelle Kurse und Veranstaltungen zu erfahren.

Presse:

Radiobeitrag von Claudia Friedrich bei WDR 5 Neugier genügt und Fotos unter: https://claudiafriedrichblog.wordpress.com/2023/05/11/swinging-sisters/

Autorinnen: Maria Beckermann, Claudia Reger