Der Kölner Frauengeschichtsverein wurde am 8. Mai 1986 aus der Taufe gehoben. Die Gründerinnen waren: Annette Ahaus, Marit Borcherding, Elsbeth Brökling, Irene Franken, Ina Hoerner, Ingrid Kalina, Karin Korb, Edith Kiesewalter und Eva Lichtenberger.

Edith Kiesewalter und Irene Franken bei der Umbenennung der Straße „Unter Seidmacher“ in „Seidmacherinnengäßchen“.
© Kölner Frauengeschichtsverein, Edith Kiesewalter und Irene Franken bei der Umbenennung der Straße „Unter Seidmacher“ in „Seidmacherinnengäßchen“.

Anlass der Initiative war das Unbehagen über Ausblendung und Marginalisierung von Frauen in der damaligen Geschichtswissenschaft. Die Erkenntnis: Feministinnen müssen Frauen sichtbar machen! Das erste Projekt lief unter dem Titel „Frau Doktor Faust meets Agrippina“. Nach intensiven Recherchen führten Irene Franken und Edith Kiesewalter 1985 eine ganztägige frauengeschichtliche Stadtrundfahrt durch. Sie schlugen vor, die Gassen „Unter Seidmacher“ und „Seidmachergasse“ in „Seidmacherinnengasse“ umzubenennen. Bedeutsam war auch die Ratsturmfigurendebatte – inzwischen werden statt einst fünf nun 18 Frauen auf dem Turm gewürdigt – sowie die Skulptur von Anna Maria van Schürmann, die vom Kölner Frauengeschichtsverein, von der Agrippina Versicherung und von Dipl. Ing Otmar Schwab gestiftet wurde.

Entwicklung des Vereins

1986 erfolgte aus rechtlichen Gründen die Vereinsgründung. 1987 wurden Räume angemietet. In diesem Jahr fand auch ein Gedenken an verfolgte „Hexen“ mit nachfolgender Publikation statt. Neue Frauen und neue Themen kamen hinzu. Zugleich gab es eine erste „oral-history-Gruppe“. Den ersten Stadtrundgang 1993 im Severinsviertel besuchten über 70 Personen. 1995 konnte die Ausstellung „10 Uhr pünktlich Gürzenich“ zu 100 Jahren Frauenbewegung in Köln gezeigt werden. Der Begleitband ist ein Standardwerk. Auch die Ausstellung „Ja, das Studium der Weiber ist schwer“ fand viel Beachtung. Es folgten Bildungsangebote wie die Studienfahrt in die Gedenkstätte Auschwitz.

1998 startete die frauenhistorische Rheinfahrt, ein Highlight im Programm mit 25 Touren bis 2008. Die Ausstellung über Anne Frank im NS-Dokumentationszentrum wurde 1998 mit Begleitprogramm initiiert.

Ina Hoerner-Theodor erzählt Frauen bei Stadtrundgang über historische Schriftstellerinnen Kölns.
© Kölner Frauengeschichtsverein, Ina Hoerner-Theodor bei einem Stadtrundgang

2001 spiegelt das Interviewprojekt „Was erreicht?“ frauenbewegte Lebensgeschichten in ihrer Diversität. 2006 beschloss die Bezirksvertretung Innenstadt, sechs Straßen im neuen Rheinauhafenviertel nach bekannten Kölnerinnen zu benennen. Vereinsfrauen entwickelten Vorträge, szenische Lesungen, ehrten die Theologin Dorothee Sölle an ihrem Wirkungsort Antoniterkirche sowie die Sängerin Nico (Päffgen) mit einer Matinee. Sie erstellten kleine Filmprojekte und weitere Ausstellungen. Der Tag der Archive und der Tag des offenen Denkmals forderten zu Präsentationen heraus, zum Teil mit 200 Teilnehmenden. Filmmatinées zeigten Biografien jüdischer Frauen und Women of Colour.

Die Vereinsfrauen bildeten sich in Tagungen und Workshops fort. Neue thematische Stadtrundgänge, zum Beispiel zu Fairer Mode oder zur Kolonialgeschichte zogen auch die junge Zuhörerschaft an. An einer Stadtführung 2020 nahm die NS-Verfolgte Tamar Dreyfuss teil. Im gleichen Jahr fand erstmals in Deutschland eine kleine Tagung zur Geschichte von Women of Colour statt, organisiert von Rahab Njeri.

Derweil wuchsen die Materialbestände wie Bücher und Dokumente stark an. Der Verein entschied, die Archivarbeit zu professionalisieren und stellte dafür Gabriela Schaaf ein. Durch die Annahme des Vorlasses von Professorin Dr. Maria Mies kam ein bedeutender Bestand hinzu.

Ehrungen

  • 1997 – Rheinlandtaler für die Aufarbeitung der Lokalgeschichte
  • 1997 – Preis „FRAUEN FÖRDERN FRAUEN“  
  • 1998 – Rheinland Award für das Konzept Frauenhistorische Rheinfahrt
  • 2004 – Inge-von-Bönninghausen-Preis Sternschnuppe an Irene Franken 
  • 2010 – Verleihung des Beginen-Preises 
  • 2012 – Goldener Ehrenring für die Lesbengeschichtsschreibung  
  • 2015 – Verleihung des Mathilde-Anneke-Preises 
  • 2017 – Alternative Ehrenbürgerschaft der Stadt Köln für Irene Franken

Tätigkeiten und Angebote

  • Historische Stadtrundgänge, Vorträge, Filmvorführungen, Museums-, Atelier- und Kirchenführungen, Stadtteilexkursionen realisieren
  • Biografien von Einzelpersönlichkeiten vorstellen
  • Das Wirken von Frauen im Stadtbild transparent machen (mehr „weibliche“ Ratsturmfiguren und Straßennamen, Texte für Gedenkplaketten)
  • Eine Dokumentation zur Kölner Frauengeschichte aufbauen und sie in Bibliotheken und Archiven zugänglich machen
  • Die Geschichte der Kölner Neuen Frauenbewegung archivieren, den Bestand erweitern und in der Datenbank erfassen, Interviews mit bedeutenden Kölner Protagonistinnen in Auftrag geben
  • Ausstellungen vorschlagen und erarbeiten
  • Bücher, Broschüren, Filme und Artikel zur Kölner Frauengeschichte verfassen oder anregen

Struktur und Organisation

  • Es bestehen zwei eingetragene und als gemeinnützig anerkannte Vereine: der Kölner Frauengeschichtsverein und der Verein „Freundinnen und Freunde des Kölner Frauengeschichtsvereins“ als Förderverein
  • Neben dem Büroteam arbeiten Frauen im Archiv und für Projekte mit, darunter derzeit eine Historikerin zum Thema Migration nach Köln
  • Team von 20 Gästeführerinnen (inklusive Vorständinnen)
  • 14-tägige Sitzungen von Gesamtvorstand und Team
  • jährliche Mitgliederversammlungen für beide Vereine

Finanzielle Situation

Seit 2020 verfügt der Verein über einen mittelfristig bewilligten Haushaltstitel bei der Stadt Köln und erhält projektgebundene Fördermittel. Hinzu kommen 130 Mitgliedsbeiträge, Spenden und Eintrittsgelder.

Besondere Leistungen

Vor Corona hat der Verein zweimal jährlich ein Programm mit etwa 35 Veranstaltungen herausgegeben, dies steht derzeit zur Disposition. Die Homepage bringt eine „Frau des Monats“ sowie ein Interview mit einer Protagonistin der Frauenbewegung. Der Verein ist gut vernetzt:

  • in Köln mit Frauenprojekten, dem Amt für die Gleichstellung von Frauen und Männern, schwul-lesbischen Gruppen, dem NS-Dokumentationszentrum, der Volkshochschule, dem Friedensbildungswerk, mit Stiftungen, Museen, Archiven und Bibliotheken, dem Historischen Institut der Universität zu Köln, dem Literaturhaus
  • deutschlandweit mit Frauengeschichtsforscherinnen und -stadtführerinnen, Mitarbeit in den Dachorganisationen des i.d.a. (Dachverband deutschsprachiger Frauen / Lesbenarchive) und MMS (Miss Marples Schwestern). Viele Frauen haben in den verschiedenen Phasen im Projekt mitgewirkt, im Verein selbst und als Gästeführerinnen.

Bedeutung

Sie sind das Gedächtnis der Frauen Kölns.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei einer Veranstaltung die Funktion unserer Arbeit für die Kölner Stadtgesellschaft.

 Der Frauengeschichtsverein (…) gibt dem Leben der Stadt ein weibliches Gesicht. Indem er die Vergangenheit ans Licht holt, ist er selbst ein kultureller Leuchtturm geworden.

So hieß es in einer der zahlreichen Zuschriften zum 25. Jubiläum des Vereins.

Ort des Lernens, ergänzende Erwerbstätigkeit, Ausdruck feministischen Engagements, frauenpolitisch sinnvolles Tun, Platz der Möglichkeiten.

Eigene Aussage.

Autorin: Ina Hoerner-Theodor und Irene Franken

Zur Website des Kölner Frauengeschichtsvereins

Quellen

Über den Kölner Frauengeschichtsverein (Auswahl):

  • Birgit Beese: Frauenstadtgeschichte – Ansätze und Anliegen. Ein Überblick über autonome und kommunale Projekte in Rheinland und Westfalen, in: Westfälische Forschungen, H. 42/1992.
  • Yvonne Küsters: Touristin in der eigenen Stadt. Stadtrundgänge zur Kölner Frauengeschichte. Überlegungen zur feministischen Perspektive und Vermittlung lokalhistorischer Frauenforschung, in: METIS 2, 1994.
  • Gerlinde Volland: Zwischen populärer Vermittlung und Forschung: Der Kölner Frauengeschichtsverein, in: Geschichte in Köln, H. 41/1997.

Von Mitarbeiterinnen (Auswahl):

  • Annette Nottelmann: Von Beginen und Bayenamazonen. Frauengeschichte im Kölner Severinsviertel. Kölner Frauengeschichtsverein (Hg.) Köln Selbstverlag 1994.
  • „Zehn Uhr pünktlich Gürzenich“. Hundert Jahre bewegte Frauen in Köln. Kölner Frauengeschichtsverein (Hrsg.), Agenda-Verlag, Münster 1995.
  • Irene Franken: „JA, DAS STUDIUM DER WEIBER IST SCHWER“. Studentinnen und Dozentinnen an der Kölner Universität bis 1933. Katalog zur Ausstellung in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, 28. April – 10. Juni 1995, Köln M & T Verlag 1995.
  • Bettina Bab und Katharina Regenbrecht: Rheintöchter, Schifferinnen, Badenixen und Kindsmörderinnen. Kölner Frauenleben am Rhein. Köln Emons 1999.
  • Irene Franken und Ina Hoerner: Hexen. Verfolgung in Köln. Köln Emons 2000.
  • Kölner Frauengeschichtsverein (Hrsg.): Was erreicht? Frauenbewegte Lebensgeschichten aus der Sicht unterschiedlicher Kulturen. Köln Schmidt von Schwindt Verlag 2001.
  • Irene Franken: Frauen in Köln. Der historische Stadtführer. Köln Bachem 2008.
  • Muriel González: Kölner Zunfthandwerkerinnen 1650-1750. Arbeit und Geschlecht, kassel university press, 2014.