Mit einer hochschulweiten Gründungskonferenz wurde im Juni 2012 GeStiK – Gender Studies in Köln – als zentrale wissenschaftliche Einrichtung an der Universität zu Köln ins Leben gerufen. Vorausgegangen waren jahrelange Initiativen von Mitgliedern des wissenschaftlichen Mittelbaus, von Studierenden und Professor_innen sowie Akteur_innen aus dem Bereich der Gleichstellung, die sich unermüdlich für die Schaffung eines Zentrums an einer der ältesten und größten Volluniversitäten Deutschlands einsetzten. Trotz bereits vorhandener Gender Studies-Teil-Denominationen und der städtischen Affinität zu feministischen und queeren Themen erfolgte die Gründung von GeStiK im landes- und bundesweiten Vergleich relativ spät: an vielen Hochschulen wurden die Zentren für Frauen- und Geschlechterforschung bereits in den 1980er und 1990er Jahren gegründet. 

2010 wurde das Rektorat der Universität zu Köln neu strukturiert und eine Prorektoratsstelle für Planung, Finanzen und Gender eingerichtet. Ein Jahr später gab es ein Referat für Gender Qualitätsmanagement (mittlerweile Gender & Diversity Management) zur Stärkung und Vernetzung von Gender- und Diversity-Projekten. Ebenfalls im Jahr 2011 wurde Prof. Dr. Susanne Völker an die Humanwissenschaftliche Fakultät berufen, den Lehrbereich Methoden der Bildungs- und Sozialforschung unter besonderer Berücksichtigung der Gender Forschung zu übernehmen. Mit ihr nahm das Vorhaben, ein Zentrum zu gründen und zu etablieren, wieder an Fahrt auf. 2012 gab die Vergabe der Exzellenzinitiative an die Universität zu Köln den endgültigen Ausschlag: Gender und Diversity waren Kernthemen des Zukunftskonzeptes, die durch den Exzellenzstatus eine finanzielle Förderung erfuhren. So konnte GeStiK als Ort der Expertise, der Vernetzung und der Sichtbarkeit entstehen und ist aus dem Selbstverständnis der Universität zu Köln heute nicht mehr wegzudenken. Bis heute ist Prof. Dr. Susanne Völker die wissenschaftliche Leitung von GeStiK. Die Geschäftsführung hat Dr. Dirk Schulz inne.

Nach einigen Jahren der Konstituierung und Konsolidierung besteht GeStiK mittlerweile aus mehr als 10 Personen, die in den Bereichen Lehre, Forschung, Wissenschaftsorganisation und Transfer zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, arbeiten (https://gestik.uni-koeln.de/ueber-uns-1/team) und das Team wird perspektivisch weiterwachsen: Gender und Queer Studies sind ein dynamisches, nie abgeschlossenes Theorie-, Themen- und Arbeitsfeld. Die Perspektiven der Gender und Queer Studies sind aus den vielfältigen hochschulpolitischen und gesellschaftlichen Transformationsbewegungen und -prozessen nicht mehr wegzudenken. Sie stellen sich der Herausforderung, wissenschaftliche Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Hochschule hinaus- und soziokulturelle Entwicklungen in die Hochschule hineinzutragen und somit in einen permanenten Dialog zu treten.

Neben dem wissenschaftlichen Beirat, der GeStiK in Fragen der Profilentwicklung, Evaluation und bei Forschungsanträgen berät, gibt es auch einen Rat, der sich aus Vertreter_innen aller Fakultäten zusammensetzt und damit die Verankerung von GeStiK innerhalb der Universität stärkt. Als zentrale Einrichtung ist GeStiK nicht einer einzelnen Fakultät zugeordnet, sondern übernimmt eine bündelnde und vermittelnde Funktion. Die institutionelle Stellung unterstreicht einmal mehr den interdisziplinären Charakter der Gender und Queer Studies und damit die Relevanz als Querschnittsthema aller Fakultäten und Disziplinen.

Das Logo von GeStiK ist das sogenannte Möbius-Band, das auch unter dem Namen „unendliche Schleife“ bekannt ist. In seiner Darstellung erscheint es auf den ersten Blick als ein Dreieck, bei genauerem Hinsehen verschwindet aber die Klarheit des Dreiecks und spielt mit der Wahrnehmung: das Innen und Außen ist, wenn wir dem Verlauf des Bandes folgen, nicht mehr klar und eindeutig erkennbar und die Frage, wo das Band anfängt und wo es aufhört, muss unbeantwortet bleiben. Es ist, trotz seiner klaren Form, keine Orientierungs- oder Strukturierungshilfe.

© GeStiK

In vielerlei Hinsicht symbolisiert das Logo das, wofür die Gender und Queer Studies eintreten: es geht ihnen darum, die gewohnten Wahrnehmungsmuster (nicht nur) in Bezug auf Geschlecht/er und Sexualität/en zu überprüfen und scheinbare Eindeutigkeiten und Gewissheiten zu hinterfragen. Gender und Queer Studies sind auch ein Plädoyer dafür, sich irritieren zu lassen, radikal offen zu bleiben und statt nach eineindeutigen Wahrheiten zu suchen die Fluidität von (nicht nur) gesellschaftlichen Verhältnissen hervorzuheben, Perspektiven miteinander ins Gespräch zu bringen und forschend und fragend an den Prozessen beteiligt zu sein. Gender und Queer Studies werden bei GeStiK verstanden als kritische Befragung der Hervorbringungen, Konstruktionen und Materialisierungen von „Geschlecht“ als Struktur-, Prozess- und Wissenskategorie, die immer auch verwoben ist mit Sexualität/en, race, dis/ability, class und anderen Klassifikationen, die konstitutiv für soziale, kulturelle, symbolische, … Ordnungen sind.

Zu den Kernaufgaben von GeStiK gehören die Bereiche Lehre und Forschung sowie die Förderung von wissenschaftlichen Laufbahnen und die Arbeit in vielfältigen Netzwerken und inter/nationalen Forschungszusammenhängen. Zentrale Studienprogramme sind der im WiSe 17/18 gestartete Masterstudiengang Gender & Queer Studies sowie das seit 2013 bestehende, fakultätsübergreifende Zertifikat Gender Studies. Der Masterstudiengang ist ein Verbundstudiengang von UzK und TH Köln und der erste Studiengang im deutschsprachigen Raum, der die Queer Studies nicht nur über die Lehrinhalte mit einbezieht, sondern explizit im Titel trägt. 

Auch das Forschungsprofil weist deutlich eine queertheoretische Ausrichtung auf: in den einzelnen Forschungsvorhaben geht es um Praktiken der Dezentrierung, um kritische Analysen von Dichotomien, Hierarchien und Normativierungen sowie um die Entwicklung und Erprobung von Forschungsmethoden, die Wissensbestände in ihrer Vielfalt erfassen und anerkennen.

Einer der Höhepunkte in der 10-jährigen Arbeit von GeStiK war sicherlich der Besuch von Judith Butler im Sommer 2016. In diesem Jahr bekleidete sie die Albertus-Magnus Professur und hielt in Kooperation mit GeStiK die Vorlesung Verletzlichkeit und Widerstand neu denken. Für GeStiK war es ein großes und berührendes Ereignis, die renommierte Theoretiker_in und Aktivist_in Judith Butler willkommen heißen zu dürfen.

Erwähnt werden soll auch die Verleihung des Jenny Gusyk – Gleichstellungspreises, der jährlich in 3 Kategorien verliehen wird. GeStiK ist beteiligt an der Jury für die Kategorie Nachwuchs, in der herausragende Abschlussarbeiten ausgezeichnet werden. Benannt ist der Preis nach Jenny Gusyk, die von 1917 – 1921 als erste Frau und erste ausländische Person an der Universität zu Köln studierte und mit einem Diplom das Studium der Betriebswirtschaftslehre abschloss. Geboren im heutigen Litauen hatte sie über ihren Vater die türkische Staatsangehörigkeit, die der Familie die Ausreise in das Deutsche Reich ermöglichte. Sie flohen vor den zunehmenden, antisemitischen Pogromen. 1944 wurde Jenny Gusyk als Jüdin in Auschwitz ermordet.

Autorin: Karo Kalmbach