Der Stadtteil Poll liegt rechtsrheinisch zwischen Deutz und Westhoven. 1888 eingemeindet, lebten die Poller*innen primär von Fischerei und Landwirtschaft. Die Wiesen am Poller Rheinufer waren Weideland für Kühe.
Die Bauerntöchter brachten täglich Milch in großen, schweren Kannen aus Poll nach Köln. Sie luden sie auf ihre Eselskarren und fuhren am Ufer entlang bis zur Schiffsbrücke in Deutz, überquerten den Rhein und verkauften die Milch auf den Kölner Märkten. Ein buntes Baumwollkleid mit heller Schürze und einer zweiten halben blauen Schürze darüber, dazu ein weißes gestärktes Kopftuch, das war ihre Tracht. Einige finanzierten mit ihren Einnahmen aus dem Milchgeschäft ihre Aussteuer. Andere konnten durch eigenes Geld unabhängig leben.
Das Denkmal ist Zeichen der gesellschaftlichen Anerkennung der jungen Frauen. Allerdings wird die körperlich anstrengende Arbeit beschönigt: die kindlich wirkende Figur trägt in jeder Hand eine kleine Kanne. Das entspricht nicht der Realität.
Die Poller Milchmädchen konnten mit Sicherheit gut rechnen, das war existenziell für ihre Arbeit. Seltsam mutet daher der Begriff „Milchmädchen- rechnung“ an, ist doch damit eine Rechnung gemeint, die auf einem Trugschluss beruht. In einer Erzählung haben die Mädchen das erwartete Geld schon ausgegeben und die Milch sauer werden lassen, in einer anderen hüpfen sie in Vorfreude auf ihre Gewinne und verschütten die Milch. In beiden frauenfeindlichen Narrativen werden die Milchmädchen als naiv und dumm dargestellt.
Erfreulich ist außer dem Denkmal, dass in den zwanziger Jahren eine Siedlung in Poll nach den Milchmädchen benannt ist. Darin gibt es die kleinen Straßen „Milchmädchenstraße“ und „In der Kanne.“
Autorin: Ina Hoerner-Theodor