Das 1976 gegründete Museum Ludwig war das erste Museum in Köln für die Kunst des 20. Jahrhunderts. Ausgangspunkt war die Schenkung von 350 Werken moderner Kunst durch das Sammlerpaar Peter und Irene Ludwig. Heute zählt dieses Museum zu den bedeutendsten Europas.
Unter tausenden von Kunstwerken stammten anfangs nur ganz wenige von Frauen, Ausdruck des jahrhundertealten paternalistischen Irrtums, ihre Arbeiten seien schlechter als die von Männern. Rita Kersting, stellvertretende Leiterin des Hauses, steht für eine feministische Sammlungsorientierung.
Eine Retrospektive von Gabriele Münter brachte große mediale Aufmerksamkeit und beflügelte die öffentliche Diskussion über die Benachteiligung von Frauen in der Kunst und die Verantwortung von Institutionen, Sammler*innen und männerdominiertem Kunstmarkt an der Zuschreibung künstlerischer Bedeutung.
Die US-amerikanische, feministische anonyme Künstlerinnengruppe „Guerilla Girls“, 1985 gegründet mit dem Ziel, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern im Kunstbetrieb auf spektakuläre Weise anzuprangern, war 2016 zur Ausstellung „Wir nennen es Ludwig“ anlässlich des 40 jährigen Jubiläums eingeladen. Ihr großflächiges Video zeigte Fragen und Antworten, die sie mit Musik und Bildern präsentierten:
Frauenproblem?
- Wie viele von den 3498 Künstlern in der Sammlung Ludwig sind Frauen? – 1 %
- Wie viele davon sind Women of Colour? – 3 %
- Wie viele Einzelausstellungen von Künstlerinnen haben stattgefunden? – 20 % (seit 1989)
- Wie viele davon sind Women of Colour? – Eine
In selbstkritischer Anerkennung dieses Befunds: „zu weiß, zu europäisch und zu männlich“ entwickelte das Museum Ludwig eine wissenschaftliche Neubewertung von Sammlungsinhalten und -geschichte in Bezug auf postkoloniale, Gender- und queere Aspekte. Bei den Neuerwerbungen stammen 60 bis 90 % von Künstlerinnen. Und das ist gut so.
Autorin: Ina Hoerner
Christiane Möschle/Bettina Flitner, Frauenperspektiven Köln, 2022